Die Kennzahlen in Blick
Die Auswertung der Fruchtbarkeitskennzahlen ist sinnvoll, um die Herdenfruchtbarkeit objektiv zu beurteilen bzw. zu verbessern. Dabei werden die folgenden Kennzahlen verwendet.
Freiwillige Wartezeit: Die freiwillige Wartezeit ist diejenige Zeit nach der Abkalbung, in der keine Belegung stattfindet, auch wenn die Kuh eine Brunst zeigen würde. Sie ist eine Auszeit, die dazu dient, dass sich die Gebärmutter zurückbilden und die Kuh ihre negative Energiebilanz überwinden kann. Sie sollte leistungsabhängig so gewählt werden, dass sie in etwa der doppelten Milchleistung in Tagen entspricht. Dabei ist wichtig, dass eine gute Grundversorgung die Voraussetzung für einen funktionierenden Zyklus ist. Nur Kühe, die aus der negativen Energiebilanz nach der Abkalbung wieder heraus gekommen sind, nehmen gut auf. Einen guten Richtwert gibt die Milchleistung des Einzeltieres vor.
Zwischenkalbezeit, Güstzeit, Rastzeit und Verzögerungszeit: Die Zwischenkalbezeit hängt davon ab, wie schnell Kühe nach der Abkalbung wieder trächtig werden. Gerade bei Kühen mit hoher Milchleistung und guter Persistenz ist es sinnvoll, keine allzu kurzen Zwischenkalbezeiten anzustreben. Leistungsstarke Tiere werden oft mit sehr hoher Milchleistung trockengestellt. Werden Tiere in solchen Herden später besamt, so hat man weniger Geburten, die immer mit einem gewissen Erkrankungsrisiko einhergehen. Bei reinen Milchkühen trägt auch das Kalb kaum zum Gewinn des Betriebes bei. Die Verzögerungszeit bezeichnet den Zeitraum nach der ersten Besamung bis zur Trächtigkeit. Sie sollte im Herdendurchschnitt bei unter 18 Tagen liegen. Liegt sie darüber, so werden zu viele Tiere mit deutlicher Zeitverzögerung und nicht bei der ersten Besamung trächtig.
Erstbesamungserfolg, Trächtigkeitsindex, Gesamtträchtigkeitsrate: Der Erstbesamungserfolg bezeichnet den Anteil der Tiere, die auf die erste Belegung hin trächtig geworden sind (Anzahl tragender Tiere nach Erstbelegung / Anzahl der Erstbelegungen). Er sollte bei über 50 % liegen. Der Trächtigkeitsindex gibt den durchschnittlichen Besamungsaufwand pro Trächtigkeit an (Anzahl der Belegungen von tragenden Tieren / Anzahl der tragenden Tiere) und sollte bei unter 1,7 liegen. Als Gesamtträchtigkeitsrate bezeichnet man den Anteil trächtig gewordener Tiere an den besamten Tieren (Anzahl tragender Tiere / Anzahl belegter Tiere). Sie sollte bei über 90 % liegen.
200-Tage-Nichtträchtigkeitsrate: Um auch die nichtträchtig gewordenen Tiere zu erfassen, kann die 200-Tage-Nichtträchtigkeitsrate bestimmt werden. Sie gibt den Anteil an belegten Kühen an, die auch 200 Tage nach der letzten Abkalbung nicht wieder trächtig geworden sind. So erfasst man auch die Tiere, die aufgrund von Fruchtbarkeitsproblemen abgegangen sind. Die Rate sollte bei unter 7 % liegen.
Brunstnutzungsrate: Kennzahlen zur Brunsterkennung sind die Brunstnutzungs- und die Brunsterkennungsrate, die man sich bei Fruchtbarkeitsproblemen im Bestand ansehen kann, um sich selbst realistisch einzuschätzen. Manche Fruchtbarkeitsprobleme entstehen schließlich auch dadurch, dass niemand eine Brunst beobachtet und es dadurch zu einer vermeintlichen »Stillbrünstigkeit« kommt. Die Brunstnutzungsrate gibt an, wie viele Tiere tatsächlich belegt wurden, die in einem Zeitraum von üblicherweise 24 Tagen brünstig werden sollten und deren freiwillige Wartezeit schon überschritten war (Anzahl aller Tiere, die in einem Zeitraum von 24 Tagen nach Ablauf der FWZ belegt wurden / Anzahl aller Tiere, die in diesem Zeitraum zur Belegung in Frage kamen). Die Brunstnutzungsrate sollte bei über 80 % liegen.
Brunsterkennungsrate: Sie gibt an, wie viele Tiere in Brunst erkannt wurden, die eine Brunst hätten zeigen sollen (Anzahl aller Tiere, die innerhalb eines Zeitraumes von 24 Tagen in Brunst beobachtet wurden / Anzahl aller nichtbelegten Tiere). Sie sollte dann erfasst werden, wenn die Brunstnutzungsrate unter dem Zielwert liegt und die reine Brunstbeobachtung beurteilt werden soll. Sie sollte ebenfalls bei über 80 % liegen. Liegt man darunter, ist es sinnvoll, über technische Hilfsmittel zur Brunsterkennung nachzudenken.
Konzeptionsrate: Sie gibt an, wie viele besamte Tiere in 24 Tagen tatsächlich trächtig geworden sind (Anzahl tragender Tiere / Anzahl aller Besamungen in einem Zeitraum von 24 Tagen) und sollte über 50 % liegen.
Trächtigkeitsrate: Sie erfasst, wie viele der Tiere, die in einem Zeitraum von 24 Tagen besamt werden sollten, trächtig geworden sind (Konzeptionsrate x Brunstnutzungsrate). Ziel ist ein Wert von über 35 %. Kommt es hier, wie bei der Konzeptionsrate, zu Abweichungen, kann es sinnvoll sein, die Ursachen gemeinsem mit Tierarzt und Fütterungsberater zu suchen.
aus: „Die Sprache der Kuh“
Auszug aus: »Die Sprache der Kuh«