Was Weidetiere brauchen

21. Juni 2022

Viele Weideflächen weisen in Abhängigkeit von klimatischen Bedingungen nur eine geringe Nährstoffintensität auf, an die Robustrassen eher angepasst sind als Intensivrassen. Eine mitunter gute Beobachtung der Tiere und des Ernährungszustandes ist daher notwendig.

Schutzmöglichkeit: Jungrinder unter einem Weidenbusch (Salix); die Inhaltsstoffe der Weidenrinde sind entzündungshemmend. Die Blätter dienen als Nahrung. Fotos: Dr. Striezel

Extensive Weiden werden oft als Vollweidesystem für Mutterkühe oder Milchkühe mit niedrigem Leistungsniveau genutzt. Als Steuerungsinstrument hat sich die Körperkonditonsbeurteilung der Tiere in Kombination mit der Kotqualität etabliert. Zufütterung ist oft bei Trockenheit im Sommer und zu Beginn und Ende der Weidesaison erforderlich und sollte auf den Pflanzenbestand und seine Inhaltsstoffe abgestimmt werden. Typisch sind hohe Inhaltsstoffe bei jungem Gras. Die Rinder nehmen viel Energie und Eiweiß, aber wenig pansenwirksame Rohfaser auf. Sichtbar wird das an einer sehr flüssigen Kotkonsistenz und zu geringer Wiederkautätigkeit. Gegensteuern kann man hier durch strukturierte Rohfaser, die über Ballenraufen auf der Fläche angeboten werden kann. Mit Zaunsystemen können die Dauer der Beweidung begrenzt und die Tiere zur Aufnahme von Rohfaser gebracht werden. Beim Weidemanagement muss auch eine ausreichende Versorgung der Herde mit Wasser sichergestellt sein, nicht nur in den Sommermonaten, wo Milchkühe bis zu 150 l Wasser/Tag trinken. Dabei ist wichtig, dass die Wege zu den Wasserstellen nicht zu lang werden (100 bis 150 m) bzw. eine Tränke pro 2 bis 4 ha vorhanden ist, Trogtränken werden bevorzugt.

Ist da der Wurm drin?

Infektionen mit Magen-Darm-Würmern treten auf den meisten Weiden auf und können besonders bei Jungrindern zu verringerten Wachstumsraten und erhöhter Anfälligkeit gegenüber Erkrankungen führen. Wenn Jungtiere sich das erste Mal mit Würmern infizieren, muss sich die körpereigene Abwehr gegen die Parasiten erst noch aufbauen.
Typische Symptome einer Infektion sind Durchfall, Abmagerung, Kümmern und stumpfes Fell. Bei Lungenwürmern fällt zusätzlich ein trockener Husten auf. Bei Milchkühen kann ein Rückgang der Milchleistung und eine geringere Fruchtbarkeit beobachtet werden. Die sicherste Methode, um eine Wurmbelastung nachzuweisen, ist die Kotuntersuchung. Sammelproben von mehreren frischen (!) Kotfladen geben einen guten Überblick. Man kann die Anzahl von Eiern pro g Kot bestimmen lassen und erhält dadurch eine Aussage über die Intensität der Infektion.

Würmer bekämpfen – aber mit Strategie

Eine gute und natürliche Bekämpfungsmethode ist das regelmäßige Mähen der Weiden und Nutzung des Aufwuchses als Silage oder Heu. Damit wird die Menge der Larven auf der Fläche reduziert. Gleichzeitig verschlechtert sich die Entwicklung der Larven durch die ungünstigeren Bedingungen, wie direkte Sonneneinstrahlung und Trockenheit. Eine gezielte, selektive Entwurmung kann Resistenzen bei Würmern wirksam verringern. Das bedeutet, dass nur die Tiere oder Tiergruppen entwurmt werden, die einen hohen Befall zeigen. Das Immunsystem der Tiere kann in der Regel die Entwicklung der Würmer und der Larven im Tier hemmen. Das ist aber nicht bei allen Tieren gleichmäßig gut ausgeprägt. Nur ca. 20 bis 30 % der Tiere scheiden in hohem Maße Wurmeier aus. D.h. aber auch: Die Mehrheit der Tiere hat nur eine geringe Wurmbelastung und benötigt daher eigentlich keine Behandlung. Eine regelmäßige Entwurmung ganzer Herden ist also nicht notwendig. Auch Pflanzen können helfen: Studien am Forschungsinstitut für den Biologischen Landbau FIBL in der Schweiz zeigen gute Ergebnisse mit dem Verfüttern von Saatesparsette. Die in dieser alten Futterpflanze enthaltenen Tannine reduzieren Wurmbefall und Eiausscheidung, ohne Resistenzen Vorschub zu leisten. Weniger Entwurmungsmittel führen zu mehr Biodiversität auf den Flächen. Denn die Kotfladen sind für viele Insekten von zentraler Bedeutung als Biotop.

Problempflanzen – Die Dosis macht das Gift

Extensiv genutztes Grünland beherbergt mehr Wildpflanzenarten als intensive Weiden. Lücken im Aufwuchs werden durch Pflanzen aus der Umgebung oder von der Fläche selbst besiedelt. Zu den Wildpflanzen können auch Giftpflanzen gehören, die unter bestimmten Bedingungen zu Schäden bei den Weidetieren führen, wobei die Menge der Giftstoffe starken Schwankungen unterliegen. Das Auftauchen einzelner Pflanzen ist zunächst kein Problem, kann aber den Beginn einer großflächigeren Ausbreitung darstellen. Achtung: Nicht nur das Grünland, sondern auch angrenzende Gehölze können Giftstoffe enthalten! Viele Giftpflanzen riechen oder schmecken für Tiere unangenehm und werden daher bei ausreichendem Futterangebot in der Regel gemieden. Daher kommt es selten zu akuten Vergiftungen. Allerdings kann die Aufnahme geringer Mengen an Giftstoffen zu Störungen der Leber- und Nierenfunktion führen. Zudem bleiben viele toxische Inhaltsstoffe im Heu erhalten, während z.B. der bittere oder scharfe Geschmack geringer wird. Daher kann es auch noch in der Stallsaison zu schleichenden Vergiftungen kommen. Zu berücksichtigen ist auch, dass Giftstoffe in die Milch übergehen und dann auch Kälber schädigen können.

Typische Giftpflanzen wie Herbstzeitlose, Wasser-Schierling, Sumpfschachtelhalm, Hahnenfuß oder Wasserfenchel sind auf feuchtem Grünland oder an Gräben zu finden. Durch Auszäunung lässt sich das Risiko für Weidetiere deutlich senken. Auch auf trockenen Standorten sollte man problematische Pflanzen, wie z.B. Gefleckter Schierling, Rainfarn, Adlerfarn und vor allem die Kreuzkrautarten, erkennen.  In den letzten Jahren wurde über chronische Vergiftungen mit Kreuzkrautarten vor allem bei Pferden berichtet. Rinder und kleine Wiederkäuer sind dagegen weniger empfindlich. Als Beispiel: 140 g frisches Jakobskreuzkraut je kg Körpergewicht sind für Rinder tödlich, d.h. bei einem Tier mit 350 kg müssten 49 kg Frischpflanze aufgenommen werden. Werden niedrige Mengen über einen längeren Zeitraum aufgenommen können schleichende Vergiftungen auftreten.

Dr. Andreas Striezel,Tierarzt, Bioland-Berater und Lehrbeauftragter für Ökologische Tierhaltung

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