Mineralische Ergänzungsdüngung neu gedacht

27. März 2023

Die gestiegenen Betriebsmittelpreise unter anderem auch beim Dünger erschweren es derzeit der Landwirtschaft, den notwendigen Input im Grünland zu erhalten, um auch qualitativ hochwertiges Futter für das Milchvieh zu erzeugen. Dabei muss bedacht werden, dass gerade der erste und zweite Schnitt im Grünland für die Hochleistungskuh die wertvollsten darstellen.

Dauerversuch der HLS Rotthalmünster zur Düngestrategie im Grünland; linkes Bild: Eine an den Nährstoffbedarf angepasste Düngung fördert den Pflanzenbestand inklusive wertvoller Leguminosen und Kräuter und damit den Futterwert; rechtes Bild: Das Fehlen einzelner Nährstoffe, wie Kalium oder das Fehlen von Kalk führt zu einer Entartung des Bestandes, die Nutzungselastizität nimmt ab und der Futterwert des Bestandes verringert sich. Fotos: Dr. Ludwig Lichtenegger

Vor allem drei Faktoren sollten eine Rolle bei der Düngestrategie spielen: Zum ersten sind das die Ergebnisse der Bodenuntersuchungen, zum zweiten die Nährstoffgehalte der Gülle und zum dritten die Kenntnis über den Gehalt an Mineralstoffen im Futter selbst. Mithilfe dieser drei Faktoren kann eine sinnvolle und betriebsindividuelle Düngestrategie erstellt und Gülle optimal mit mineralischen Nährstoffen ergänzt werden. Eine ausgewogene Düngung mit den benötigten Nährstoffen und der entsprechenden Nährstoffform erzeugt hochwertige Futterpflanzen und damit gute Ergebnisse in der Futteruntersuchung.

Mit der Obergrenze von 170 kg N/ha – im Mittel berechnet aus dem organischen Stickstoff – ist klar die Menge an Wirtschaftsdünger geregelt, der im Schnitt auf der Fläche ausgebracht werden darf. Eine Beispielrechnung hierfür zeigt die Tabelle. Fehlende Nährstoffe müssen unter Berücksichtigung der Bodengehalte über eine mineralische Düngung ergänzt werden.

Will man die Entzugswerte am eigenen Betrieb hier gegenrechnen, ist das mit einer Mineralstoffanalyse leicht möglich. Diese zeigt sehr schön die aufgenommenen Nährstoffe und lässt im Umkehrschluss anhand des Ertrags den Gesamtentzug pro Hektar berechnen. Zudem dient diese Analyse gleich als Basis zur Berechnung der noch notwendigen Mengen an Mineralstoffen über das Mineralfutter.

Für alle in der Tabelle berechneten Nährstoffe besteht ein Defizit. Beim Stickstoff muss man zudem bedenken, dass es sich um den Gesamtgehalt handelt. Nur ein Teil davon ist sofort verfügbar bzw. generell wirksam (Mindestwirksamkeit) und der Bedarf somit nochmals ein höherer. Häufig unterschätzt bei der mineralischen Düngung ist der Nährstoff Kali, der in dem oben genannten Beispiel bei 115 kg/ha liegt.

Gülle-Nährstoffe teilweise verfügbar

Wollte man nun aufgrund der derzeit hohen Preise mit einem Minimum düngen und den Bedarf des ersten und zweiten Schnitts über die Gülle decken, dann wird das leider nicht funktionieren. Das Wachstum von Grünlandbeständen ist bereits bei Temperaturen ab 5 °C möglich. Die Kurztagsbedingungen und eine gute Wasserverfügbarkeit fördern Triebproduktion und Triebdichte. Allerdings hinkt aber die Bodenerwärmung dem Pflanzenwachstum hinterher und die über die Gülle ausgebrachten Nährstoffe sind nicht im vollen Umfang pflanzenverfügbar. Für eine Mineralisation werden höhere Temperaturen benötigt.

Ein Paradebeispiel ist hier der Schwefel. Da die Pflanze nur Sulfatschwefel aus dem Boden aufnehmen kann, muss der Schwefel aus der Gülle zuallererst bei warmen Temperaturen mineralisiert werden. Eine Nachlieferung aus dem Boden, der jahrelang mit Wirtschaftsdüngern gedüngt wurde, setzt nennenswert erst ab Juni ein. Zur Andüngung sollten daher 20 kg Schwefel pro ha in Sulfatform gedüngt werden.

Ein weiterer Punkt hinsichtlich der Vorteile einer mineralischen Ergänzungsdüngung zur Gülle ist die Nutzungselastizität und der Futterwert. Die Düngung von Phosphor, Kalium und Kalk hat einen erheblichen Einfluss auf die Zusammensetzung unserer Grünlandbestände und die Entwicklung besonders hochwertiger Kräuter und Gräser. Im statischen Dauergrünlandversuch der Höheren Landbauschule Rotthalmünster sieht man sehr schön die Bestandesver-änderung im Lauf der Zeit bei verschiedenen Düngestrategien. So führen einseitig gedüngte Bestände zu einer Entartung mit weniger Gräserarten, Kräutern und Leguminosen. Bestände mit unterschiedlichen Arten führen aber zu einem flexibleren Mahdzeitpunkt, da der optimale Zeitraum des Schnitts mit der Anzahl der Gräser und Kräuter weiter wird. Neben den Hauptnährstoffen Phosphor, Kali, Magnesium und Schwefel spielt aber auch der Kalk eine entscheidende Rolle. Ein optimaler pH-Wert ist die Voraussetzung für vielseitige und leistungsfähige Pflanzenbestände.

Auf die Nährstoffe achten

Stickstoff und Schwefel: Die Wahl der Nährstoffform, gerade beim Stickstoff, führt häufig zu Debatten: Soll es Nitrat- oder Ammonium-Stickstoff, Harnstoff oder vielleicht sogar Kalkstickstoff sein? Die Wahl der Stickstoffform beim Landwirt ist zumeist standortbezogen oder ursächlich aus betriebsstrategischen Gründen zu sehen. Beim Schwefel ist die Sache eindeutig. Die Pflanze kann Schwefel nur in sulfatischer Form aufnehmen und muss daher auch zur ersten Gabe mit sulfatischem Schwefel gedüngt werden. Der Grund hierfür ist, dass wegen der niedrigen Bodentemperaturen mineralisierter Schwefel aus dem Boden oder in elementarer Form durch Düngung im Frühjahr für die Pflanze noch nicht verfügbar ist. Fehlt sulfatischer Schwefel, ist eine schlechte Stickstoffeffizienz mit Mindererträgen und schlechteren Futterqualitäten vor allem hinsichtlich Eiweiß als Folge zu sehen. Die gedüngten Nährstoffe können zudem nicht voll genutzt werden.

Phosphat: Der Bedarf an Phosphat auf intensiv genutzten Grünlandstandorten mit fünf oder gar sechs Schnitten wird häufig unterschätzt. Bei der Auswahl des geeigneten Düngers sollte darauf geachtet werden, dass Phosphatdünger mit einem möglichst hohen Anteil vollaufgeschlossener Phosphorsäure eingesetzt werden. Das Phosphat daraus steht den Pflanzen schnell zur Verfügung und muss nicht, wie bei Phosphatdüngern, welche ausschließlich schwer lösliches Rohphosphat enthalten, im Boden über einen längeren Zeitraum aufgeschlossen werden.

Kalium: Der Kaliumgehalt im Grundfutter ist in der Regel für die Versorgung der Nutztiere ausreichend. Jedoch liegt der Kaliumbedarf der Pflanzen deutlich über dem der Tiere. Zur Ertragssicherung spielt daher die Kaliumdüngung im Grünland eine wichtige Rolle. Die Kenntnis zum Gehalt an Kali in der Gülle ist dabei ein entscheidender Punkt in der Düngeplanung.

Magnesium: Magnesiummangel im Futter senkt den Magnesiumspiegel im Blut. Diese Gefahr tritt besonders im Frühjahr in gräserreichen Beständen sowie bei jungem rohfaserarmen Grundfutter auf. Eine Folge davon ist die Weidetetanie. Die Tiere können kurzfristig nur wenig Magnesium aus körpereigenen Reserven mobilisieren. Zudem wird Magnesium aus dem Mineralfutter nur zu etwa einem Fünftel ausgenutzt. Daher muss das Grundfutter ausreichende Magnesiumgehalte von mindestens 0,2 % in der TM aufweisen.

Kalk: Natürliche Prozesse im Boden führen zu einer schleichenden Versauerung, die durch mineralische und organische Düngung verstärkt wird. Eine regelmäßige Überprüfung und falls notwendig Regulierung des pH-Wertes durch eine Kalkung kann im Frühjahr zu Vegetationsbeginn erfolgen, sobald die Flächen gut befahrbar sind. Geeignet sind hierzu vor allem Kohlensaure Kalke und Kohlensaure Magnesiumkalke, die als Feuchtkalk schlagkräftig ausgebracht werden können. Zur Erhaltungskalkung ist eine Aufwandmenge je nach Standortvoraussetzungen von 1,5 bis 2 t/ha ausreichend. Im Boden bewirkt die Kalkung eine Verbesserung der Nährstoffverfügbarkeit vor allem bei Phosphat, sodass die Bodenvorräte besser genutzt werden können. Besonders wertvolle und ertragreiche Obergräser können sich deshalb besser etablieren und auch in den Folgenutzungen einen besseren Ertragsbeitrag leisten. Bei optimaler Kalkversorgung können die Wurzeln den Boden durch die bessere Bodenstruktur leichter erschließen und es steht dadurch ein größerer Wurzelraum für die Nährstoff- und Wasseraufnahme zur Verfügung.
Abseits der Makronährstoffe gibt es weitere Elemente, die zwar nicht direkt für den Grünlandaufwuchs relevant sind, wohl aber für dessen weitere Verwertung. Beispiele hierfür sind Selen und Natrium.

Selen: Selenmangel im Bestand tritt bei einem Drittel der bayerischen Milchkühe laut Untersuchungen des Tiergesundheitsdienstes in Bayern auf. Selen kann über die Düngung ausgebracht werden. Dabei wird es von der Pflanze organisch eingebunden und über den Proteinstoffwechsel effizienter dem Tier zugeführt als anorganische Selenverbindungen. Dadurch kann die Grundversorgung der gesamten Herde gehoben werden, gerade bei Trockenstehern und Kalbinnen. Eine Ration mit organisch gebundenem Selen kann somit auch Auswirkungen auf die Kälbergesundheit haben. Eine Depotdüngung beim Element Selen ist nicht möglich, da es ausgewaschen werden kann. Daher sollte Selen in Form von Natrium-Selenat bedarfsgerecht mit den anderen Mineraldüngern ausgebracht werden.

Natrium: Natrium hat wie Selen keine ertragssteigernde Wirkung auf den Grünlandaufwuchs. Dennoch sind mit Natrium gedüngte Bestände schmackhafter. Mit der richtigen Menge »Salz in der Suppe« steigen die Futteraufnahme, Tiergesundheit und Fruchtbarkeit. Die Hauptwirkung des Nährstoffs liegt beim Tier in der Regulierung des Säure-Basen-Haushaltes, der Steuerung der osmotischen Verhältnisse, sowie in einer verbesserten Fruchtbarkeit der Kuh und folglich auch bei kürzeren Zwischenkalbezeiten. Die sichere Versorgung des hohen Bedarfs an Natrium bei der Milchkuh kann nur durch eine Kombination aus höheren Natriumgehalten im Grundfutter durch angepasste mineralische Düngung, aus Zufütterung von Mineralfutter und durch Viehsalz gedeckt werden. Da Natrium nicht auf Vorrat gedüngt werden kann, sollten 130 kg Na/ha und Jahr in Summe für den ersten und zweiten Schnitt gedüngt werden.

Dr. Ludwig Lichtenegger,
Josef Lindenmeier,
Felix Schopp und Dr. Andreas Weber, LAD Bayern

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