Wolf – Spitze des Eisbergs!

6. Mai 2024

Der Alpwirtschaftliche Verein Allgäu veranstaltete jüngst einen Infoabend zum Thema Wolf in Schwangau vor vollem Haus.

Foto: pixabay

Der Wolf ist auch im Allgäu angekommen und hinterlässt grauenhafte Bilder; zwei Tage vor der Veranstaltung etwa im Jagdrevier Heimertingen (Unterallgäu). Doch was passiert, wenn sich der große Beutegreifer in den Weidegebieten des Allgäus weiter ausbreitet? Ein rotes Transparent an der Bühne gab die Antwort: >Kommt der Wolf, stirbt die Weide!< Im letzten Jahr hat Bayern eine Wolfverordnung erlassen; die Bewährungsprobe steht noch aus: Erste Entnahmebescheide wurden von den Gerichten bereits einkassiert! Derzeit setzt sich die EU-Kommission für eine Herabsetzung des Schutzstatus in der FFH-Richtlinie vom Wolf ein. Doch über alle dem schwebt die >Berner Konvention. Laut dem Schweizer Professor Dr. Roland Norer gibt es einen besseren Schutz vor dem Wolf, aber nur gemeinsam: Also, wenn die Vorgaben von Berner Konvention und FFH geändert werden.

Laut Dr. Norer sind die Schweiz und Frankreich bei der Umsetzung vom EU-Recht Deutschland gegenüber bereits weit voraus: Bei der Berner Konvention wurde etwa die Rückstufung des Schutzstatus vom Wolf durch Streichung des Anhangs II bereits beantragt. Luzern hat im Artikel 9, Absatz 1 eine Herabstufung verfügt unter der Vorrausetzung, dass es >keine andere befriedigende Lösung gibt und die Ausnahme dem Bestand nicht schadet<: Zum Schutz der Pflanzen- und Tierwelt, zur Verhütung ernster Schäden an Kulturen, Viehbeständen, Wäldern, Fischgründen, Gewässern und anderem Eigentum, sowie im Interesse der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit.

Maßgeblich sei der >günstige Erhaltungszustand< des Wolfes: Das heißt, >wenn es dem Wolf gut geht und wenn sein Bestand nicht gefährdet ist!< Es müssen zwar nicht alle Berggebiete von dem Beutegreifer besetzt sein, aber es müsse zwischen den Rudeln einen genetischen Austausch geben.

In Deutschland haben die Länder Sachsen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein den Wolf bereits ins Landesjagdrecht aufgenommen. Laut dem Referenten gibt es nicht nur innerhalb Europas einen ganzen Flickenteppich unterschiedlicher Handhabung mit dem Beutegreifer, sondern auch innerhalb der Länder. Weil der Wolf durchaus weite Strecken zurücklegen kann, sei jedoch eine einheitliche Strategie zwingend nötig.

Laut Barbara Oswald (Wolfsbeauftragte des AVA, aktive Jägerin, Landwirtin und Mitglied im Fachausschuss Große Beutegreifer im Landesjagdverband) gibt es in Bayern bereits elf Gebiete mit standorttreuen Wölfen: 2023 wurden sieben Wolfrisse nachgewiesen; 2024 bereits drei Risse: Bei einem Rotwild-Riss in Görisried etwa war ein männlicher Wolf verantwortlich. In Honsolgen/Buchloe wurden drei Schafe gerissen. Im dortigen Bereich können die Landwirte nun eine Förderung für Zäune und Herdenschutz-Hunde beantragen. In Oberstdorf riss ein männlicher Wolf ein Rotwild. Bayernweit wurden im Monitoring-Jahr 2022/23 130 Wolfsnachweise mit erschreckend üblen Bildern registriert. Laut Oswald ist dies aber nur die Spitze des Eisberges: Wenn ein Landwirt oder Jäger einen Riss entdeckt, muss er nämlich die Genetik nachweisen; ist also in einer Bringschuld! Wenn dies nicht gelingt, geht der Riss nicht ins Monitoring ein. Jeder wisse, wie groß die Zahl der >Nachnutzer< bei einem Riss ist: Fuchs, Hund oder andere Wildtiere verunreinigen den Riss sehr oft. Die LfU sagt dann, es sei ein Fuchs gewesen! Als Beispiel nannte Oswald einen gerissenen Hirsch bei Birgsau/Rappental, wo ein Landwirt zusammen mit einem Berufsjäger eine DNA-Probe gezogen hatte: Weil sie die Probe an ein Institut nach Hamburg geschickt hatten, wurden die dabei analysierten zwei Wölfe nicht anerkannt: Nur, weil sich die beiden nicht an den offiziellen Meldeweg gehalten hatten: Weil etwa ein anderes Labor dafür zuständig gewesen wäre!< >Deswegen ist die Dunkelziffer der im Allgäu gerissenen Tiere viel, viel höher<, betont Oswald. Bei dem Monitoring werde also immer nur ein kleiner Teil der Risse registriert, weil der Nachweis ziemlich kompliziert ist, da bei der Probenziehung viele Kriterien einzuhalten sind. Laut Oswald sind die meisten Alpen als nicht >zumutbar schützbar< eingestuft. Dagegen nimmt die Anzahl der Wolfs-Übergriffe und getöteten/verletzen Tiere exorbitant zu.

Im Ostallgäu gebe es seit 2018 einen standorttreuen Wolfsrüden, der sich beidseits der Grenzen zwischen Tirol und Oberallgäu bewegt: >Er verhält sich unauffällig, von dem hört man wenig<. Daneben gibt es das >Wolfsrudel Staffelsee-West<: 2022 habe sich das Pärchen kennen und lieben gelernt und im Jahr 2023 erste Welpen zur Welt gebracht. Der nächste Wolfswurf werde wohl jetzt schon geboren sein. Interessant werde es, wenn die geschlechtsreifen Rüden im Alter von eineinhalb bis zwei Jahren abwandern und sich ein neues Gebiet suchen müssen. Wie nah das Ganze ist, zeigte Oswald auf einer Karte auf: Zwischen Schloßbräuhaus Schwangau und dem Rudel-Standort liegen genau 30 Kilometer, >wir sind also mitten im Beutefeldzug des Rudels<. Weil ein Wolf in einer Nacht bis zu 80 Kilometer läuft!

AVA-Vorsitzender Christian Brutscher gab zu bedenken, dass bei der weiteren Ausbreitung vom Wolf keine Fremden mehr ins Allgäu kommen: Der Wolf wäre das >Ende der Weidewirtschaft auf den Alpen und das Ende vom Tourismus im Allgäu<. Leider sei der >Werdegang< beim Wolfsnachweis so lang und träge: >Da ist der Wolf schon lange wieder über alle Berge, bis das Ergebnis da ist.< Es bräuchte aber auch Jäger, die den Wolf schießen dürften. Der AVA sei gerade dabei, zusammen mit dem Bauernverband der Politik die Forderungen nahezubringen. Beim Naturschutz stünden Bestrebungen im Raum, dass Hirten in Schichten arbeiten müssten, nur um den Wolf abzuwehren: Dies sei nicht bezahlbar und nicht umsetzbar, mahnte Brutscher. Wenn man bedenke, dass das Zaunmaterial für den Wolfschutz in den letzten vier Jahren 12,7 Mio. EUR gekostet habe, dann sei es dramatisch, dass dieses Beutetier mehr wert ist, als die gesamte Artenvielfalt in der Alpwirtschaft!

Rolf Eberhard sieht >den Wolf in der Allgäuer Kulturlandschaft als einen Faktor mehr, der unbefriedigend ist<. Europaweit werde er nicht ausgerottet werden können; >wolfsfreie Zonen< werden also nie >wolfsfrei< sein. Daher brauche man eine europaweite Herabsetzung des Schutzstatus und eine <unkomplizierte und für die Jagd tragbare Möglichkeit einer Bejagung – Praktikabilität statt Ideologie<.

Die Schweiz sei aktuell Vorreiter im Wolfsmanagement, untersuche die verschiedenen Möglichkeiten der Vorgehensweisen aber auch wissenschaftlich. Laut Eberhardt sei ein >gewisser, intensiverer Herdenschutz zwar notwendig, wolfssichere Zäune im Alpgebiet seien aber viel zu aufwendig. Hütehunde in der kleinteiligen Freizeit- und Tourismusregion beurteilt er als höchst fragwürdig.

Daher brauche es eine gesellschaftliche Aufwertung der land- und forstwirtschaftlichen Leistungen in der Kulturlandschaft; >eine angemessene Entlohnung nur für echte Leistung!< Gelingen werde dies nur mit einer >breiten gesellschaftlichen Allianz für eine gemeinsame Zielsetzung< von Gebietskörperschaften, Naturschutz, Tourismus und Bildungsinstitutionen.

Franz Kustermann

 

Beim AVA-Infoabend zum Thema Wolf aktiv (v.l.): Barbara Oswald, Kreisobmann Andreas Schmid, Andreas Hummel, Rolf Eberhard, Wolfgang Scholz, Prof. Dr. Roland Norer, AVA-Vorsitzender Christian Brut-scher, Stellvertreter Michael Rohrmoser und Geschäftsführer Dr. Michael Honisch. Foto: Franz Kustermann

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