Wie gut melkt der Roboter?
Der Einsatz eines Melkroboters macht den Betriebsleiter flexibler. Umso wichtiger ist es, die Qualität der Melkarbeit stets im Auge zu behalten.
Schnell, schonend und vollständig – so lauten die drei altbekannten Grundsätze des guten Melkens. Diese drei Grundsätze orientieren sich an den physiologischen Bedürfnissen der Kuh und gelten daher unabhängig von der verwendeten Melktechnik, eben auch für den Melkroboter. Speziell beim Melkroboter kommen noch zwei weitere Faktoren hinzu, nämlich die Sauberkeit der Zitzen zu Melkbeginn und das regelmäßige Aufsuchen der Melkbox. Werden die Grundsätze des Melkens nicht eingehalten, führt dies einerseits zu Milchleistungseinbußen und ineffizienter Melkarbeit und andererseits auch zu Störungen der Eutergesundheit und Milchqualität bis hin zu Euterentzündungen.
Automatische Melksysteme bieten eine Vielzahl von Einstellungsmöglichkeiten und sammeln bei jeder Melkung eine große Bandbreite an Daten der Kuh bzw. teilweise sogar der einzelnen Euterviertel. Diese Daten müssen intensiv zur Tierkontrolle und laufenden zur Überwachung der Tiergesundheit und der Technik eingesetzt werden. Aber auch diese Daten, können den regelmäßigen und routinemäßigen Blick auf die Melkarbeit nicht vollständig ersetzen.
Folgende Warnsignale sollten bei guter Melkarbeit nicht vorkommen:
Milch laufen lassen: Der Großteil der Milch ist in den Alveolen des Euters gebunden und kann nur durch die Ausschüttung des Hormons Oxytocin freigesetzt werden. Ein Teil der Milch sammelt sich aber auch frei in der Euterzisterne. Bei hohem Euterinnendruck und schwachem, geschädigtem Schließmuskel lassen Kühe die Milch laufen. Grund sind meist zu lange bzw. unregelmäßige Zwischenmelkzeiten.
Schmutzige Zitzen: Die Fähigkeit, die Euter zu reinigen, ist bei allen Melkroboterfabrikaten begrenzt bzw. richtet sich die Reinigungsintensität nicht nach dem Verschmutzungsgrad der Zitzen, sondern folgt einem fixen Schema. Sind die Euter stark verschmutzt, reicht die Standard-Euterreinigung des Melkroboters nicht aus und die Zitzen sind zu Melkbeginn nicht sauber. Das Risiko für Infektionen mit Umwelterregern steigt deutlich an. Durch konsequente Boxenpflege und Laufflächenreinigung muss dafür gesorgt werden, dass die Euter der Kühe nicht zu stark verschmutzen.
Hyperkeratosen: Als Hyperkeratosen werden verhornte Ausstülpungen des Strichkanals an der Zitzenspitze bezeichnet. Diese werden als weiße Ringe, Ausfransungen, Risse oder Zitzenverhärtungen sichtbar. Sie entstehen durch eine mechanische Überbelastung der Zitzenspitzen durch z.B. falsche Pulsation, schlechte Melkzeugpositionierung oder sehr lange Melkdauer bei gleichzeitig niedrigem Minutengemelk. Überprüfung der Pulsation und vor allem der optimalen Anrüstzeit sind notwendig.
Nasse Zitzen nach dem Melken: Bei sehr hohem Milchfluss aufgrund hoher Milchleistung bzw. Melkbarkeit kann es zu Problemen bei der Milchabfuhr kommen. Die Milch »staut« sich in den milchabführenden Wegen, was wiederum zu starken Vakuumschwankungen beim Melken führt. Auch liegt das Problem oft in zu langen bzw. unregelmäßigen Zwischenmelkzeiten.
Verfärbte, eingeschnürte Zitzen: Ist die Lochöffnung der verwendeten Zitzengummis zu eng, schnürt diese beim Melken die Zitzenbasis ab. Das Blut staut sich während des Melkens in der Zitze, diese schwillt an und verfärbt sich. Hier muss mit einer Schablone die Strichdicke der Herde ermittelt werden und der richtige Zitzengummi bzw. ein Zitzengummi mit elastischem Kopfloch verwendet werden.
Geschwollener Wulst an Zitzenbasis: Klettern die Zitzengummis am Beginn des Melkvorgangs, saugen diese die Zitzen zu tief in den Melkbecher ein. Gründe können mangelhaft angerüstete und somit nicht melkbereite Zitzen oder zu große Zitzengummikopföffnungen sein.
Unvollständig ausgemolkene Euter: Viele der oben genannten Probleme führen zu einem schlechten Ausmelkgrad. Das Euter einer Kuh muss bei guter Melkarbeit vollständig entleert werden. Optisch sollte man nach dem Melken den Euterspiegel beurteilen. Ist das Euter schlaff und zieht lange Längsfalten, sollte die Kuh gut ausgemolken sein.
Genau wie beim konventionellen Melken gelten 500 ml als kritische Restmilchmenge. Mehr Restmilch sollte nach einer erfolgreichen Melkung nicht im Euter zurückbleiben. Wird diese kritische Restmilchmenge überschritten, kann dies einerseits zu Leistungseinbußen und andererseits zu einem erhöhten Risiko für Euterentzündungen führen. Die Restmilchmenge kann mittels händischem Ausmelken einfach kontrolliert werden.
Aus Gründen der Eutergesundheit und Milchhygiene sollte jede Kuh mindestens zweimal täglich gemolken werden. Dabei spielen aber nicht nur die Melkfrequenz, sondern auch die regelmäßig (kurzen) Zwischenmelkzeiten eine wichtige Rolle.
Sowohl zu lange (über 12 h) als auch zu kurze Zwischenmelkzeiten (unter 7h) stellen ein Risiko für die Eutergesundheit dar. Das AMS ermöglicht es aber auch, Kühe deutlich öfter zu melken. Dies hat aber nur bei entsprechender Milchleistung Sinn. Jede Melkung kostet Arbeitszeit des AMS, verbraucht Wasser, Strom, Reinigungs- und Dippmittel und stellt auch eine mechanische Belastung für das Euter dar. Es sollten daher nur Kühe mit einer gewissen erwarteten Milchmenge gemolken werden. Der Zielwert lautet hier 10 kg Milch pro Melkung.
Auch wenn die Melktechnik gut funktioniert und die Melkanrechte korrekt eingestellt sind, müssen die Kühe regelmäßig (alle 7-12 h) melken gehen. Kommen die Kühe nicht rechtzeitig zum Melkroboter ist dies mit erhöhtem Treibeaufwand und Mehrarbeit verbunden. Freie Wege zum Melkroboter, genügend Platz rund um die Melkbox, gute Klauengesundheit, ein attraktives Lockfutter und mindestens 15 % freie Zeit fördern den Kuhverkehr.
Gerade was die Melkanrechte betrifft, liefern die Standardauswertungen der Hersteller keinen ausreichenden Überblick über das Zusammenspiel von Zwischenmelkzeit und Gemelksmenge. Die Roboterauswertungen im LKV-Herdenmanager bieten einen guten Überblick über diese wichtigen Kennzahlen auf Herden- und Einzeltierbasis sowie im Tagesverlauf.
DI Dr. Marco Horn, BEd,
Landwirtschaftskammer Niederösterreich