Automatische Fütterungssysteme – gut geplant ist halb gefüttert
Nachdem sich das Automatische Melken als Standardverfahren etabliert hat, steht die Fütterung im Fokus weiterer Automatisierungsschritte. Welche Hausaufgaben sollte der Betrieb im Vorfeld erledigen? Was ist hinsichtlich des Standortes und der gesamtbetrieblichen Situation vor der Umsetzung zu klären?
In der Praxis findet man neben den häufiger anzutreffenden mobilen und schienengeführten Misch- und Verteilwagen zunehmend auch mobile, selbstfahrende Einheiten. Die Frage der Futtervorratslagerung in eigens dafür konzipierten Futterbunkern mit entsprechender Dosiertechnik oder als Silageblock auf betoniertem Untergrund mit Entnahme und Dosierung mittels Greifer ist eine individuelle Entscheidung. Aber: es muss nicht unbedingt „automatisch“ sein – auch gut organisierte konventionelle Futtervorlagesysteme sind leistungsstark.
Im betrieblichen Arbeitszeitbudget macht das tägliche Füttern mit knapp 20 bis 25 % nach dem Melken den nächsten großen Zeitanteil im Arbeitsverfahren „Milchproduktion“ aus. In der Praxis zeigten sich große Unterschiede in der Futtervorlagezeit, also der Zeit vom Beginn des Beladens des Mischwagens bis zur fertig vorgelegten Ration, je nach Mischsystem, innerbetrieblicher Organisation und Bestandsgröße. In einer Praxiserhebung in Hessen wurde knapp eine halbe Stunde pro Milchviehherde und Tag, je Kuh/Jahr etwa 2,6 Std. aufgewendet, mit einer enormen Spanne von gemessenen 1,2 bis 5,0 Stunden.
Auch bei der Fütterung in Leistungsgruppen, die aus ernährungsphysiologischer Sicht wünschenswert ist, muss die Organisation passen, damit die Futtervorlagezeit in einem Zeitfenster von etwa drei Stunden/Kuh/Jahr bleibt. Dies kann betriebsspezifisch z.B. mit einer „Basismischung“ für den Gesamtbestand, bei der die Hochleistungsgruppe dann mit Kraftfutter gezielt aufgewertet wird, umgesetzt werden.
Dies gilt auch für die Kraftfutterbeladung des Mischwagens, die gut organisierte Betriebe in zwei bis drei Minuten mit einer Kraftfuttervormischung statt vieler Einzelkomponenten erledigen. Sobald das Kraftfutter an mehreren Lagerorten liegt, mit Handarbeit große Mengen bewegt werden müssen, die Anzahl der Einzelkomponenten steigt, Flüssigkomponenten zudosiert werden oder einfach nur der Schneckendurchmesser am Kraftfuttersilo zu klein ist, betragen die Beladungszeiten schnell 15 bis 20 Minuten je Mischung. Fazit: Gut strukturierte Arbeitsabläufe (kurze Wege, wenig Handarbeit, Kraftfuttervormischung) und eine an die Bestandsgröße angepasste Technik sind Voraussetzung für zeitliche und ökonomische Einsparpotenziale.
Neben den Aspekten der Arbeits- und Zeitflexibilität, der mehrmaligen täglichen Futtervorlage und möglicher positiver tierspezifischer Parameter ist die betriebsindividuelle Situation zu berücksichtigen. Dazu gehört im Vorfeld eine Analyse des gesamten Fütterungsprozesses, um mögliche Schwachstellen herauszuarbeiten. Dies dient in erster Linie dazu, das vorhandene System zu optimieren, bevor eine große Investition getätigt wird. Hier kann auf vielen Betrieben noch großes Potential freigesetzt werden.
Die Investitionskosten in automatische Fütterungssysteme (AFS) liegen bei etwa 161.000 EUR bei 80 und 226.000 EUR bei 240 Kühen inklusive Technik, Grund-, Kraft- und Mineralfutterlagerung und Futterküche (B. Haidn, 2016). Stellt man diesen Investitionskosten (150 Kühe) die Investition in z.B. einen selbstfahrenden Futtermischwagen (sFMW) gegenüber, so ergeben sich inklusive Arbeitsentlohnung Jahreskosten von knapp 34.000 EUR bei AFS und 37.000 EUR bei sFMW. Bezogen auf eine durchschnittliche Milchleistung von 9.000 kg/Kuh/Jahr sind das etwa 2,49 bzw. 2,76 ct je kg Milch (R. Hahn, 2015). Bei Bestandgrößen unter 80 Kühen ist beim AFS mit etwa 3,0 bis 3,5 ct je kg Milch zu rechnen. Auch das notwendige Zeitbudget für das Befüllen der Futtervorratsbehälter mit Grobfutterkomponenten ist mit etwa 20 bis 30 Minuten/Tag nicht zu unterschätzen. Im Vergleich zur Futtervorlage mit einem absetzigen, fremdbefüllten System ist vor allem die Arbeitszeit zu berücksichtigen, die gegenüber dem sFMW im Durchschnitt eine Stunde/Kuh/Jahr höher liegt. Der Selbstfahrer hat hier zwar tendenziell Vorteile, mit den anderen Vorlagesystemen lassen sich durch gut strukturierte Arbeitsabläufe aber ähnliche gute Ergebnisse erzielen. Das Mischsystem hat wie die Bestandsgröße einen nur geringen Einfluss auf die Futtervorlagezeit pro Kuh/Jahr.
Checkliste für betriebsindividuelle Entscheidungen
- Welche Futtergruppen sollen/können mit dem System gefüttert werden?
- Wird eine weitere Futtervorlagetechnik für dezentrale Stallbereiche benötigt? Wenn ja, wo werden diese Futtermischungen hergestellt und gelagert?
- Sind Steigungen zwischen den einzelnen (Stall-) Bereichen zu überwinden?
- Welche Anforderungen werden an den Fahrweg (Beton) bei selbstfahren den Systemen gestellt?
- Wie werden diese Fahrwege im Winter schnee- und eisfrei gehalten (Überdachung, Bodenheizung etc.)
- Welche Durchfahrtshöhe steht zur Verfügung?
- Wie breit ist der Futtertisch?
- Soll der Futtertisch weiterhin mit einem Schlepper befahrbar sein?
- Soll die Austragslohre auf dem Futtertisch wenden oder beidseitig Futter vorlegen?
- Welche Traglast hat die Deckenkonstruktion für eine hängende Montage?
- Ist eine geeignete Futter-/Silageentnahmetechnik vorhanden?
- Welcher Standort eignet sich für die Futterküche?
- Sind die Zufahrtswege vom Grobfuttersilo zur Futterküche befestigt?
- Werden zusätzliche Kraft- bzw. Saftfutterbehälter benötigt?
- Wie kann das System an eine mögliche Stallerweiterung angeschlossen werden?
- Sind die technischen Voraussetzungen wie Strom-, Wasser- oder Internetanschluss vorhanden?
Den Gesamtbetrieb im Auge behalten
Bevor investiert wird, ob in Neu-, Alt-oder Umbaulösung, sind bestimmte Fragen hinsichtlich der betrieblichen Gegebenheiten zu klären, wie z.B. die Arbeitserledigung des Gesamtkomplexes „Fütterung“. Es muss ein schlüssiges Konzept her, wie sowohl die melkende Milchkuhherde als auch die weiteren Tiergruppen bis hin zu den einzelnen Abschnitten der Jungviehaufzucht an das Fütterungssystem angeschlossen werden können.
Sollten bestimmte dezentrale Bereiche nicht in die Fütterungsstrecke integriert werden können (zu große Entfernung, Kreuzen von Fahrwegen etc.), muss eine Möglichkeit eingeplant werden, für diese Tiergruppen entsprechende Rationen mit der vorhandenen Technik zu mischen und an einer Übergabestelle zwischen zu lagern. Im Prinzip sind die auf dem Markt angebotenen System teilautomatisiert, denn es bedarf in der Regel immer noch einer zweiten Mechanisierung zum Befüllen der Futtervorratsbunker.
Die Systeme zur automatisierten Grobfutter- und Mischrationsvorlage unterscheiden sich in der Regel darin, ob sie tiergruppen- oder einzeltierbezogen arbeiten. Darüber hinaus werden die Systeme in „stationäre“ bzw. „mobile“, schienengeführte oder selbstfahrende Einheiten unterschieden. Wird auf Basis von Futtergruppen gearbeitet, so kann dies mit stationären oder mobilen Anlagen erfolgen. Zu unterscheiden ist weiterhin, ob das zu mischende Gut als geringste Automatisierungsstufe direkt vom Grundfuttersilo, z.B. mittels Greif- oder Schneidzange, in einen stationären Mischer gefüllt und verarbeitet wird oder in einem Futter-Vorratsbunker zwischengelagert und damit kontinuierlich je nach herzustellender Ration verarbeitet wird. Bei den über Schienen geführten Systemen wird zwischen Verteil- und Futtermischwagen unterschieden. Sie fahren die stationären Vorrats- oder Mischbehälter an und werden dort befüllt. Die mit einer Wiegeeinrichtung versehenen Verteil- bzw. Futtermischwagen sind entweder Akku betrieben oder werden über Schleppkabel bzw. Schleppkontakte oder eine separate Stromschiene mit Strom versorgt. Der Leistungsbedarf liegt je nach Fabrikat und Größe der Misch-wagen bei 2 bis 15 kW, bei den Verteilwagen bis zu 50 kW.
Eine Frage der Bestandgröße
Aus Sicht der Tiere ist bei der Automatisierung der Futtervorlage in erster Linie die Möglichkeit der Gruppenfütterung, entsprechend am Nährstoffbedarf der Laktations- bzw. Leistungsphase ausgerichtet, zu nennen. Dies ist abhängig von der jeweiligen Tierzahl je Gruppe, vor allem im Bereich „Trockenstellen bis zur Frühlaktation“. Für kleinere und mittlere Bestände kommt in der Regel ein mobiles automatisches Fütterungssystem zum Einsatz, das im Austrags- bzw. Vorlagebehälter auch gleichzeitig mischt. Je nach Behältergröße können bei Mischbehältergrößen von 2,0 bis 3,5 m³ hier Minimal-Mischungen in der Größenordnung von 140 bis 160 kg, entsprechend etwa vier bis fünf laktierenden Milchkühen, homogen hergestellt werden. Gegebenenfalls müssen bei kleineren Tierbeständen Kompro-misse gemacht und verschiedene Futtergruppen zusammengefasst werden. Das Volumen der stationären Mischer liegt herstellerspezifisch zwischen 2 (Pellon TMR-Mischer) bis 50 m³ (Cormall MultiMixer). Einige Hersteller bieten bei ihren Systemen einen beidseitigen Futteraustrag an, auch mit Zusatzoptionen wie z.B. das Füttern von bis zu sechs Kraft- oder Mineralfuttersorten als „Lockkomponente“. Allen mobilen Fütterungssystemen ist gleich, dass Futtervorlage und Futteranschieben in einem Arbeitsgang erledigt wird. Anbaugeräte wie Futteranschieber werden von allen Herstellern angeboten, sind aber häufig optional. Dieses „Teilautomatisieren“ des mehrmaligen täglichen Futteranschiebens ist arbeits- und zeitentlastend. Hier konnte in einer Praxisstudie eine Arbeitszeiteinsparung von knapp 35 bis 40 Minuten/Tag bzw. bei einem Kuhbestand von 60 Tieren von ca. 3,5 Stunden /Kuh/Jahr erreicht werden!
Grundsätzlich bedarf es bei diesen Systemen der kontinuierlichen Beschickung der Mischer oder der Futter-Vorratsbunker mit den zu mischenden Grund-, Saft-, Mineral- und Kraftfuttermitteln. Die „Futterküche“, in der die entsprechenden Vorrats- bzw. Mischbehälter untergebracht sind, sollte vor Witterungseinflüssen geschützt und überdacht sein. Darüber hinaus sind auch Maßnahmen zu treffen, die das System in kritischen Situationen, wie z.B. während der Wintermonate bei Schnee und Eis, einsatzbereit halten. Einen eigenen Weg der Grobfutterbevorratung geht die Firma Lely mit dem Vector-System. Die Futterbevorratung wird in einer betonierten, freitragenden Futterlagerhalle organisiert. Jedes einzelne Grob- oder Saftfuttermittel wird in einem definierten Bereich gelagert. Beladen wird mit einem „Futtergreifer“, der als Brücken- oder Portalkran ausgeführt ist. Einen eigenen Weg geht auch die Firma ONE2FEED. Hier wird aus mobilen Futtervorratsbehältern gefüttert, die direkt am Fahrsilo mit Grobfutter befüllt und danach wieder in die Futterküche gebracht werden.
Elektrisch angetriebene Misch- und Fütterungsroboter der Firmen Jeantil, Cormall oder Lely finden ihr Ziel über am Boden verlegte Induktionsschleifen, die ein Füttern auch dezentraler Stallbereiche zulassen. Allerdings setzt dies eine bestimmte Ausgestaltung des Fahrwegs voraus und das auch bei Winterbetrieb!
Das Anfahren der einzelnen Futtergruppen, u.U. in verschiedenen Stallungen, kann über entsprechende Weichen oder Drehkreuze realisiert werden. Ist die Durchfahrtshöhe des Gebäudes ausreichend? Sollten Fahrwege das Schienensystem kreuzen, ist auf eine entsprechende Durchfahrtshöhe zu achten. Hier sind in der Regel 2,5 bis 3,0 m erforderlich. Ist die Traglast (Statik) der Stallkonstruktion für eine hängende Montage schienengeführter Systeme ausreichend oder müssen hier zusätzliche selbsttragende Stahlkonstruktionen eingeplant werden? Diese „Galgen“ sollten von der Höhe so ausgeführt sein, dass sie zur Futtertischpflege oder im Notfall mit einem Schlepper und konventioneller Mischtechnik unterfahren werden können!
Zu berücksichtigen gilt, dass die meisten Systeme max. 2 % Steigung ohne Probleme überwinden können, Lely gibt bis max. 5 %, Trioliet betriebsspezifisch sogar bis 14 % Steigung an. Höhenunterschiede lassen sich u.U. durch zusätzliche „Hebestationen“ überwinden. Gegenüber der konventionellen Futtervorlage wird je nach Fütterungssystem eine Futtertischbreite von 1,5 (Bandfütterung) bis 3,25 m bei Systemen, die auf dem Futtertisch wenden, benötigt. Die hier eingesparten Baukosten müssen der Investition in die Futterküche gegenübergestellt werden. Gegebenenfalls kann der eingesparte Raum aber auch an die Herde genutzt werden. Zudem ist es nicht unbedingt notwendig, einen Durchfahr-Futtertisch zu haben, da je nach System der Futteraustrag auf beiden Seiten möglich ist oder der Mischer bei einem Stichfuttertisch „um die Kurve“ fährt. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass bei Ausfall des Futterroboters und einem schmalen Futtertisch dann nur noch die Variante „Schubkarre geht immer“ bleibt!
Auch automatische Futtervorlagesysteme erfordern eine kompakte Bauweise. Der zeitliche Einspareffekt hängt wesentlich von der Befüllhäufigkeit der Futtervorratsbunker und den Wegstrecken zwischen Fahrsilo und Futterküche ab. An die „Halmlänge“ der zu verarbeitenden Grobfutter haben die Hersteller mit Längen von 100 bis 150 mm wie z.B. Trioliet (T30), Pellon (Robotfeeder) und Schauer oder 100 bis 200 mm bei Lely unterschiedliche Anforderungen. Zum Teil lässt sich dies auch durch Schnitttiefeneinstellungen (Trioliet T40) von 5 bis 35 cm ermöglichen. So lassen sich auch Kleinmengen wie Futterstroh in Quader- oder Rundballen direkt über die Vorratsbehälter zudosieren. Ähnlich arbeitet das System der Firma Hetwin mit den messerbestückten Horizontalschnecken im Misch- und Verteilwagen Aramis. Die Firma Schauer hat mit der SilmaticCut neben der StrohCut eine optionale Schneideinrichtung für Halmlängen bis 300 mm als Nachrüstoption ihrer Vorratsbunker im Programm. Je nach Fabrikat können, wie z.B. im CutMix der Firma Pellon oder im VSM der Firma DeLaval oder den TKS K2 CombiCutter, auch ganze Rundballen zerkleinert und verarbeitet werden. Grundsätzlich bietet sich bei automatischen Fütterungssystemen der Einsatz von Häckselsilage an.
Fazit
Steigende Kosten für Betriebsmittel und zunehmend knappe Ressourcen beim Faktor „Arbeitszeit“ lassen auch die Automatisierung der Fütterung in den Fokus der milchkuhhaltenden Betriebe kommen. Wichtig ist, im Vorfeld der Investition die betriebliche Gegebenheit, von der persönlichen Neigung bis zur Standorteignung, abzugleichen und sorgfältig zu planen. Welche Technik zu welchem Betrieb passt, muss individuell entschieden werden. Allerdings ist vor einer solchen Investition abzuklären, ob das innerbetriebliche Optimierungspotential der bisherigen Fütterungsstrategie ausgereizt ist. Je intensiver das Herdenmanagement, auch in Form von Leistungsgruppenfütterung, betrieben wird, desto eher „rechnet“ sich das System über die Auslastung und die eingesparte Arbeitszeit. Allerdings sollte auch hier beachten werden, dass ein Teil der freigesetzten Arbeitszeit trotzdem wieder in das Kerngeschäft, das Management der Milchkuhherde, reinvestiert wird! Bei allen Überlegungen und Planungen sollte eines berücksichtigt werden: die wichtigsten Mitarbeiterinnen sind unsere Milchkühe. Von daher hat sich der Technikeinsatz immer an den Bedürfnissen der Tiere zu orientieren!
Thomas Bonsels,
Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen