Der Faktor Mensch

von | 6. Mai 2024

Trotz zahlreicher Reformen bestehen die 1957 festgelegten Ziele der GAP laut Vertrag über die Arbeitsweise der EU (AEUV) unverändert weiter. Diese beschreiben unter anderem die Produktivität der Landwirtschaft durch Förderung des technischen Fortschrittes und dem bestmöglichen Einsatz der Produktionsfaktoren, insbesondere der Arbeitskräfte als wesentliche Säule. Die zweite Säule beinhaltet, der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenserhaltung zu gewährleisten. Drei weitere Säulen sind die Stabilisierung der Märkte, das Sicherstellen der Versorgung und die Sorge für die Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen.

Es verwundert wenig, dass aus Sicht der 50er-Jahre Umwelt-, Natur- und Tierschutz sowie Verbraucherschutz nicht zu den Primärzielen der Agrarpolitik gehörten. Heute jedoch muss der Agrarsektor Umweltzielen massiv Vorrang einräumen, obwohl die vereinbarten Klimaziele von allen Wirtschaftssektoren gemeinsam getragen werden sollten.

2023 begann die die neue Förderphase der EU-Agrarpolitik, die die Dringlichkeit des Ressourcenschutzes hervorhebt. Dabei wird der Erhalt flächengebundener Zahlungen vermehrt nach Umweltzielen ausgerichtet.

Die Anpassung der Förderstrategie wird mit der – aufgrund niedrigen Ambitionsniveaus – als wenig effektiv bewerteten Vorperiode begründet. Und das, obwohl die GAP der mit Abstand finanzstärkste Fördertopf für die Umsetzung von natur-, umwelt- und klimaschutzrelevanten Maßnahmen ist. Ein Faktor für den Misserfolg: der unverhältnismäßig hohe Verwaltungsaufwand.

Fakt ist, die Umsetzung der grünen Architektur der GAP wird in Deutschland zu einer deutlichen Ausweitung der für den Biodiversitätsschutz zur Verfügung stehenden Flächen führen. Das ist politisch gewollt und gut so, doch die Bestimmungen zum Flächennutzungsnachweis lassen befürchten, dass der Aufwand bei den Betrieben erneut zunehmen wird. Zusätzlich zur Bürokratie muss nun auch ein hohes fachliches Wissen vorliegen, welche Flächen genau welchen Bedingungen unterliegen.

Die Realisierbarkeit in der praktischen Umsetzung politisch erarbeiteter Vorgaben lässt erneut zu wünschen übrig. Es ist zu befürchten, dass auch dieses Mal der Faktor Mensch die limitierende Ressource sein wird. Landwirte sind Praktiker, deren Primäraufgabe die Erzeugung und Bereitstellung hochwertiger Lebensmittel ist. Mit Blick auf die Säulen der GAP widerspricht der Anspruch der Förderstrategie dem Grundsatz des bestmöglichen Einsatzes ihrer Arbeitskraft. Sie sollten diese nicht mit der Umsetzung politisch ausgetüftelter Luftschlösser verschwenden müssen, sondern eine praktikable Umsetzung produktiv in ihrem Betrieb einsetzen. Umweltziele? Ja, gerne! Aber bitte fachlich, technisch und bürokratisch machbare.

Isabel Koch,
Agrarjournalistin

 

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