Wölfe ohne Grenzen

von | 29. Mai 2024

Die gemeinsame Geschichte von Wolf und Mensch war anfangs durchaus positiv geprägt. Wissenschaftler gehen davon aus, dass bereits vor 14 000 bis 16 000 Jahren die ersten Wölfe vom Menschen aufgezogen und als Haustiere gehalten worden sind. Damit nahm die Erfolgsgeschichte des Hundes ihren Lauf. Erst mit Beginn der Waldrodungen und der Viehhaltung änderte sich die Einstellung zum Wolf grundlegend. Einerseits engten die Rodungen der Wälder den Lebensraum des Wolfes bzw. seiner Nahrungsgrundlage des Wildes ein, andererseits bot der vom Menschen genutzte Raum leichte Beute in Form des Viehs. Wenn diese von Isegrim gerissen wurden, war dies eine Existenzbedrohung. Daher erfolgte die Jagd auf Wölfe schon im Mittelalter. Karl der Große hat ein entsprechendes Gesetz zur Wolfsjagd erlassen. Wer sich nicht beteiligte, dem drohte eine Strafe.

Im Jahr 2024 indes würde Karl der Große wohl erstaunt den Kopf schütteln, denn: Fast drei Viertel der Menschen in Deutschland freuen sich laut einer aktuellen forsa-Umfrage darüber, dass es hierzulande wieder Wölfe gibt. Außerdem hätten 75 % der Aussage zugestimmt, dass Wölfe in die hiesige Landschaft gehörten, berichtete der Naturschutzbund Deutschland (NABU) unter Berufung auf die in seinem Auftrag ermittelten Befragungsergebnisse. Wie die Untersuchung außerdem zeigt, sehen 82 % der insgesamt 2 451 Befragten im Wolf keine Bedrohung für Menschen. Etwa 62 % sind der Meinung, dass die von Wölfen ausgehenden Risiken in den Medien sogar übertrieben dargestellt würden.

Naturromantik und kurzsichtige Ideologien sind fehl am Platz: Nicht der Wolf ist in Gefahr, sondern die Alpwirtschaft! Nicht der Wolf muss sich anpassen, nein – heutzutage passt sich der Mensch dem Tier an! Das alles kostet. Betroffene berichten, es sei mindestens mit einer Verdoppelung des Aufwands zu rechnen, wenn man eine Herde effizient schützen wolle. Nicht alle können sich das leisten.

Der Wolf ist mancherorts zum Problem geworden. Zahlen sind jedoch nur schwer zu ermitteln: Wenn ein Landwirt ein gerissenes Tier entdeckt, muss er zunächst die Genetik nachweisen; ist also in einer Bringschuld! Wenn dies nicht gelingt, geht der Riss nicht ins Monitoring ein. Zudem verunreinigen »Nachnutzer« wie andere Wildtiere die Beute sehr oft. So bleiben die tatsächlichen Risse eine Dunkelziffer.

Es muss künftig leichter möglich sein, einzelne Wölfe und auch ganze Rudel zu entnehmen, wenn sie Herdenschutzmaßnahmen überwinden und Tiere töten. Bislang scheitern solche Abschüsse oftmals an Rechtsunsicherheiten und langwierigen Verfahren bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben – diese sind oftmals Ländersache. Weil der Wolf durchaus weite Strecken zurücklegen kann, existieren für ihn weder Bundesländer noch Ländergrenzen – unterschiedliche europäische Gesetzestexte und Bürokratien sind Lupus fremd. Die naturelle Selbsterhaltung ist das einzige, was für ihn zählt. Wie einst beim mittelalterlichen Homo Sapiens.

Alexander Ströhlein,
Redaktion

 

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