Aborte und missgebildete Kälber – die Blauzungenkrankheit ist auch diesmal nicht harmlos

17. Juli 2019

Seit Dezember letzten Jahres ist die Blauzungenkrankheit zurück in Deutschland. Vorher hat sich das Blauzungenvirus vom Typ 8 (BTV-8) bereits seit 2015 in Frankreich ausgebreitet. Dieser Virustyp ist der gleiche, der sich in den Jahren 2006 bis 2008 sehr rasch in Europa verbreitet hat.

Bei der Blauzungenkrankheit kommt es es zu Ablösungen von Schleimhäuten im Bereich der Zunge und des Mauls. Fotos: TGD

Damals gab es v. a. bei Schafen schwere klinische Erkrankungen. Die Tiere zeigen hohes Fieber, Apathie, Tachypnoe, vermehrtes Speicheln sowie Schwellung und Rötung der Kopfschleimhäute. An der Maulschleimhaut, den Lippen und vor allem der Zunge kommt es später dann zu Blasenbildung und Schleimhautablösungen. An den Klauen rötet sich der Kronsaum und schmerzt. Die Schafe können lahmen und bei tragenden Tieren kann die Krankheit zum Abort führen. Die klinischen Symptome bei Rindern sind Entzündungen der Zitzenhaut und Schleimhäute im Bereich der Augenlider, Maulhöhle und Genitalien. Zudem treten Ablösungen von Schleimhäuten im Bereich der Zunge und des Mauls sowie Blasen am Kronsaum auf. Das momentan auftretende Virus scheint sich in den vergangenen Jahren dahingehend verändert zu haben, dass erkennbare klinische Erscheinungen bei den befallenen Tieren weitgehend ausbleiben. Nur bei befallenen Schafen wurden milde Krankheitserscheinungen beobachtet. Bei den in Deutschland aufgetretenen Fällen handelt es sich durchweg um klinisch unauffällige Rinder, bei denen das Virus im Rahmen einer Blutuntersuchung nachgewiesen wurde. 

In Frankreich wurden in den vergangenen Monaten vermehrt lebensschwach und blind geborene Kälber, sowie auch Verwerfensfälle auf die Infektion mit dem BTV-8 zurückgeführt.

Beim Blauzungenvirus kann häufig eine massive Missbildung des Nervensystems bis zum vollständigen Fehlen des Großhirns beobachtet werden.

Aus Frankreich erreichen uns allerdings Berichte, dass das Virus mit Bezug auf das ungeborene Kalb durchaus nicht harmlos ist. Hier wurden in den vergangenen Monaten vermehrt lebensschwach und blind geborene Kälber, sowie auch Verwerfensfälle auf die Infektion mit dem BTV-8 zurückgeführt. Häufig ist eine massive Missbildung des Nervensystems bis zum vollständigen Fehlen des Großhirns beteiligt. Ziemlich sicher ist das Virus auch für gehäuft auftretenden embryonalen Fruchttot und dadurch bedingtes Umrindern verantwortlich. Die Blauzungenkrankheit ist also nach wie vor nicht nur ein ärgerliches Handelshindernis sondern auch eine reale gesundheitliche Bedrohung für unsere Bestände.

Es ist davon auszugehen, dass die bisherigen Virusnachweise noch auf Infektionen im letzten Herbst zurückzuführen sind. Dafür spricht auch der Rückgang der nachgewiesenen Fälle trotz höherer Untersuchungszahlen. Im Mai wurden zwei Fälle gemeldet, im Juni gar keiner. Es kann daher nicht vorhergesagt werden wie rasch und in welche Richtung sich die Restriktionsgebiete ausweiten werden. Die Schutzimpfung stellt die einzige wirksame Methode dar, die Rinder vor den Folgen einer Infektion zu schützen und Handelshindernissen vorzubeugen.

Die problematische Situation bezüglich der Verfügbarkeit von Impfstoffen hat sich mittlerweile entspannt. Es sind sowohl Einzelimpfstoffe als auch Kombinationsimpfstoffe, die die beiden Typen BTV 4 und 8 abdecken auf dem Markt. BTV 4 ist zuletzt in Norditalien aufgetreten und stellt daher auch eine mögliche Bedrohung dar.

Dr. Ingrid Lorenz
Tiergesundheitsdienst Bayern e.V.

Blauzungenkrankheit

Untersuchung am LGL im Rahmen des amtlichen BTV-Monitorings (Stand 09.08.2019)

Ab dem 01.09.2019 ist für Untersuchungen im Rahmen des freiwilligen BTV-Monitorings zwingend ein Untersuchungsantrag aus der HI-Tier-Datenbank (HIT) zu verwenden.
Liegt kein HIT-Antrag vor, fallen die eingesendeten Proben nicht unter das BTV-Monitoring und es werden Untersuchungsgebühren nach der GGebV in Rechnung gestellt (Einzelprobe: 40,50 €, bis 10 Proben gepoolt: 43,- €).

Weitere Informationen zur Untersuchung finden Sie auf der Infotafel der LGL zur Blauzungenkrankheit.

Regelungen für das Verbringen von Rindern aus Restriktionszonen ab 18.5.2019 (detaillierte Informationen hierzu finden sich auf der Homepage des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL))  

  1. Tiere mit einem gültigen Impfschutz gegen BTV 8 können verbracht werden. Hierfür ist eine Grundimmunisierung und jährliche Nachimpfung nötig. Nach der Grundimmunisierung muss noch eine 60tägige Wartezeit eingehalten werden oder nach 35 Tagen eine Blutprobe mit negativem Ergebnis auf BTV untersucht werden.
  2. Kälber von vor der Trächtigkeit gültig geimpften Müttern können innerhalb Deutschlands verbracht werden, wenn sie Kolostrum ihrer Mutter getrunken haben. Dies ist vom Tierhalter durch Unterschrift zu bestätigen. Hierbei muss die Grundimmunisierung mindestens 300 Tage vor der Geburt abgeschlossen sein.
  3. Kälber von in der Trächtigkeit gültig geimpften Müttern können innerhalb Deutschlands verbracht werden, wenn sie Kolostrum ihrer Mutter getrunken haben. Dies ist vom Tierhalter durch Unterschrift zu bestätigen. Hierbei muss die Grundimmunisierung 28 Tage vor der Kalbung abgeschlossen sein. Zudem müssen sie innerhalb von 14 Tagen vor dem Verbringen mit negativem Ergebnis virologisch auf BTV 8 getestet werden. Die Untersuchung von Kälbern während der Trächtigkeit geimpfter Mütter wird vom LGL im Rahmen eines Monitoring Programms kostenfrei durchgeführt.
  4. Das Verbringen ist auch möglich nach zweimaligem Nachweis von Antikörpern gegen BTV 8 im Blut (1. Test: 60 bis 360 Tage vor Verbringen; 2. Test: innerhalb von 7 Tagen vor Verbringen) ODER nach einmaligem BTV-Antikörper-Nachweis aus einer Blutprobe mind. 30 Tage vor dem Verbringen und einer negativen Untersuchung auf BTV-8 mittels PCR innerhalb von 7 Tagen vor dem Verbringen.
  5. Das Verbringen direkt zur Schlachtung ist möglich, sofern das Tier von einer Tierhaltererklärung begleitet wird, die bescheinigt, dass keine klinischen Zeichen von Blauzungenkrankheit bei dem Tier und im Bestand vorliegen.
  6. Innerhalb einer Restriktionszone können Tiere verbracht werden, sofern sie von einer Tierhaltererklärung begleitet werden, die bescheinigt, dass keine klinischen Zeichen von Blauzungenkrankheit bei den Tieren und im Bestand vorliegen und die Vorgaben der jeweiligen Allgemeinverfügung zur Sperrzone beachtet werden.
  7. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat bilaterale Abkommen für ein vereinfachtes Verbringen von Kälbern bzw. Zucht- und Nutzrindern mit den Niederlanden, Italien und Spanien abgeschlossen und ist in Verhandlungen mit weiteren Staaten. Die Vereinbarungen mit den Niederlanden und Spanien ermöglichen auch ein Verbringen von Rindern nach einer negativen Blutuntersuchung auf Blauzungenvirus nach einer Behandlung mit einem zugelassenem Insektizid für mind. 14 Tage.
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