„Größte Gefahr durch Rinder selbst!“

17. Januar 2019

Thema Biosicherheit: Auch an den Rindern- bzw. Milchviehhaltern wird die zunehmende Forderung, mehr für den Schutz des eigenen Bestandes zu tun, nicht vorbeigehen.
Ein Gespräch mit dem Leiter des Tiergesundheitsdienstes Bayern, Dr. Andreas Randt.

Mit dem Tierarzt sollte ein Biosicherheitsplan für den eigenen Bestand abge-sprochen werden, empfiehlt Dr. Andreas Randt, Geschäftsführer und Tierärztlicher Leiter des Tiergesundheits-dienstes Bayern e.V., den Rinderhaltern. Foto: privat

MilchPur: Neben dem Dauerbrenner „Mehr Tierwohl im Stall“ scheint das Thema „Biosicherheit“ für die Nutztierhalter – und dies gilt nicht zuletzt auch für die Milchviehhalter – immer mehr in den Vordergrund zu rücken. Täuscht der Eindruck?

Dr. Andreas Randt: Nein, der Eindruck täuscht nicht und das mit gutem Grund. Von den Rinderhaltern wurden und werden ja massive Anstrengungen unternommen, um unsere Bestände von ansteckenden Krankheiten wie zum Beispiel BHV1 und BVD zu sanieren, so dass eine Rückkehr dieser Krankheiten mit allen möglichen Mitteln verhindert werden muss. Zudem steigt durch die Globalisierung und die Klimaerwärmung auch die Gefahr des Eintrags exotischer (z.B. Lumpy Skin Disease) oder des Wiedereintrags altbekannter Krankheiten, wie Maul- und Klauenseuche. Im Bereich der Geflügel- und Schweinehaltung sind strenge Biosicherheitsmaßnahmen bereits seit langer Zeit üblich und auch zum Teil durch Verordnungen vorgegeben.

MilchPur: Strenge Biosicherheitsmaßnahmen, die auch für die Milchviehhaltung gültig werden könnten?

Dr. Andreas Randt: Durch die Vielfältigkeit der Strukturen, besonders in der Milchviehhaltung, sind einheitliche, für alle Betriebe gültige Empfehlungen schwierig. Jeder rinderhaltende Betrieb sollte daher in Absprache mit seinem Tierarzt einen für seinen Bestand praktikablen Biosicherheitsplan aufstellen.

MilchPur: Was wäre bei einem solchen, individuellen Biosicherheitsplan zu beachten?
 

Dr. Andreas Randt: Man sollte wissen, dass die größte Gefahr, sich eine Krankheit neu in den Bestand zu holen, von den Rindern selbst ausgeht wie etwa durch Zukauf, Tierschauen oder Kontakt zu anderen Rindern auf der Weide. Sehr risikoreich ist auch das Betreten der Stallungen und der Kontakt zu den Tieren durch betriebsfremde Personen, die auch Kon- takt zu Rindern in anderen Beständen haben. Es sollte auch im Rinderbestand Standard sein, dass diesen Personen betriebseigene Schutzkleidung zur Verfügung steht.

MilchPur: Und wie sieht es mit Haustieren aus?

Dr. Andreas Randt: Natürlich sind auch Haustiere, zudem aber auch Schadnager wie Mäuse und Ratten weitere potentielle Eintragsquellen. Nicht zuletzt ist in diesem Zusammenhang auch an die Übertragungsgefahr durch Fahrzeuge oder Gerätschaften zu denken, die gemeinschaftlich genutzt werden. Der Begriff Biosicherheit beinhaltet allerdings auch Maßnahmen, die eine Verbreitung von Infektionserregern innerhalb eines Bestandes (z.B. zwischen verschiedenen Altersgruppen) verhindern.

MilchPur: Welche Maßnahmen kann hier der Milchviehhalter ergreifen?

Dr. Andreas Randt: Wie bereits angesprochen, sollten zum einen die Arbeitsabläufe im Betrieb so organisiert werden, dass eine Übertragung von Krankheitserregern älterer Tieren nicht auf die Neugeborenen geschieht. Zum anderen sind Hygienemaßnahmen im Betrieb von besonderer Bedeutung.

„Man sollte wissen, dass die größte Gefahr, sich eine Krankheit neu in den Bestand zu holen, von den Rindern selbst ausgeht wie etwa durch Zukauf, Tierschauen oder Kontakt zu anderen Rindern auf der Weide.“

Alle Maßnahmen, welche die Übertragung von Krankheitserregern u.a. zwischen den Tieren verhindern, dienen der Biosicherheit.
 © Agrarfoto

MilchPur: Gleichwohl: Mit den dann erforderlichen zusätzlichen Isoliermöglichkeiten und getrennten Hygienebereichen wird ein Milchviehhalter mit neuen, baulichen und damit finanziellen Herausforderungen konfrontiert werden, oder?

Dr. Andreas Randt: Nicht unbedingt! Natürlich sollten bei Neubauten die Überlegungen zur Hygiene eine große Rolle spielen, aber auch in den bestehenden Ställen können Hygienemaßnahmen wie eine regelmäßige Reinigung und Desinfektion oder auch eine konsequente Fliegenbekämpfung (vor allem bei den Kälbern) dazu beitragen, dass Infektionen sich nicht im Bestand ausbreiten können.

MilchPur: Biosicherheit im Milchviehstall kann bis zu einem gewissen Grad also auch mit „einfachen“ Maßnahmen gewährleistet werden. Sehen Sie vor diesem Hintergrund dennoch die Entwicklung, dass sich – wie bei der Ferkelerzeugung oder Schweinemast – ein Milchviehstall der Zukunft immer mehr einem hygienischen Hochsicherheitstrakt ähneln wird?

Dr. Andreas Randt: Es ist wichtig, den ersten Schritt vor dem zweiten zu tun. Im Jahr 2014 hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft Empfehlungen an die hygienischen Anforderungen an das Halten von Wiederkäuern, veröffentlicht. Ziel dieser Leitlinien ist es, einheitliche Standards unter anderem für das Halten von Rindern, die Erhaltung und die Förderung der Tiergesundheit und des Tierschutzes, sowie des Verhinderns der Ausbreitung von Krankheitserregern festzulegen. Generell gilt, wachsende Bestände fordern konsequente Hygienemaßnahmen, den Schutz vor einer Erregereinschleppung, einer regelmäßigen Reinigung und Desinfektion sowie einer entsprechenden Sicherheit und Ordnung des Betriebsgeländes.

Beitrag teilen: |

Partner

Newsletter

Abonnieren Sie unsere Newsletter und bleiben Sie immer auf dem Laufenden, bei den Themen, die Sie interessieren!

Zur Anmeldung:

.embedded-sidebar { display: none; }