Klimaschutz ohne Tierbestand zu reduzieren

18. September 2023

Die Emissionen aus der Rinderhaltung sinken schon seit Jahren, ohne dass besondere Maßnahmen ergriffen werden. Dies beruht auf Rückgängen in den Tierbeständen durch Strukturwandel, der vornehmlich auf soziale, wirtschaftliche und genehmigungsrechtliche Gründe zurückzuführen sein dürfte, gleichwohl gibt es weitere Ansätze für Verbesserungen.

Die durch den Klimawandel verlängerte Vegetationsperiode ermöglicht ausgedehnte, klimafreundliche Weidehaltung sowie Futterreserven, die bei Sommertrockenheit vermehrt benötigt werden.

 

In Deutschland haben sich die Rinderbestände von 2001 bis 2020 von 14,6 Mio. auf 11,2 Mio. Tiere reduziert. Das entspricht einer Abnahme um 23 %. Der Milchkuhbestand ist im gleichen Zeitraum von 4,55 Mio. auf 3,92 Mio. (–14 %) gesunken. Hinzu kommt, dass durch die Milchleistungssteigerung von 6 208 kg im Jahr 2000 auf 8 457 kg je Kuh und Jahr im Jahr 2020 die Methanemissionen je produziertes kg Milch gesunken sind.
Bei einer Milchleistung von 6 000 kg je Kuh und Jahr entstehen 22,0 g Methan je kg Milch und bei 8 000 kg lediglich 17,4 g Methanemissionen je kg Milch. Daraus folgt, dass sich die Rinderhaltung bereits ohne die gelegentlich andiskutierte und für notwendig erachtete Reduzierung der Tierbestände auf dem Klimaschutzpfad bewegt.

Futtergrundlage entscheidend

Die Rinderhaltung sollte sich aus Klimaschutzgründen vor allem auf Grünlandregionen konzentrieren, denn bezüglich des CO2-Fußabdruckes der Milcherzeugung kommt es nicht nur auf die Höhe der Milchleistung an, sondern auch auf die Produktionsweise. So haben Wissenschaftler der Universität Kiel verschiedene Studien ausgewertet und kamen zu dem Ergebnis, dass es bei einer Gruppierung der ausgewerteten Milcherzeugerbetriebe in drei typische Betriebsausrichtungen trotz gravierender Unterschiede in der Milchleistung keine signifikanten Unterschiede in der Höhe der Emissionen von CO2-Äquivalenten je erzeugtem kg Milch gibt. Die drei Betriebstypen wurden dabei wie folgt definiert: A: Stallhaltung ohne Weidegang (Milchleistung 9 184 kg ECM), B: Stall und Weide (unter 50 % der TM-Aufnahme von der Weide oder über 25 % über Kraftfutter bei 7 392 kg ECM) und C: Weidehaltung (über 50 % der TM-Aufnahme von der Weide und unter 25 % über Kraftfutter bei 5 404 kg ECM).

In allen drei Systemen sind hohe Effizienzen möglich, allerdings bei unterschiedlichen Leistungsniveaus. Die Schlussfolgerung aus diesen Ergebnissen lautet, dass für Systemempfehlungen regionale und betriebsinfrastrukturelle Aspekte berücksichtigt werden müssen. Als erster Indikator dienen dafür die Ertragspotenziale hinsichtlich Grundfutterleistung insbesondere vom Grünland in Abhängigkeit des Standortes. Die Kieler Wissenschaftler haben schließlich im Rahmen des EU-Projektes »SusCatt« festgestellt, dass weidebasierte Milchproduktion sehr hohe Milchleistungen mit sehr niedrigen Methanemissionen von 8 bis 10 g Methan je kg ECM verbinden kann. Wichtig ist dabei eine hohe Futterqualität und Futteraufnahme auf der Weide und dass auf Importfuttermittel verzichtet werden kann, wenn eine ausreichende Proteinversorgung über den Klee erfolgt. Als Erfolgsfaktoren werden der Zuchtfortschritt der Futterpflanzenzüchtung sowie optimiertes Weidemanagement genannt.

Im Stall entsteht
zusätzlich Ammoniak

Bei der Stallhaltung entsteht außer Methan durch den Kontakt von Kot und Harn Ammoniak, das als indirektes Treibhausgas gilt. Ammoniak kann sich in der Umwelt zu Lachgas umwandeln, das um den Faktor 300 klimaschädlicher ist als CO2. Außerdem schädigt Ammoniak die Ozonschicht. Die landwirtschaftliche Tierhaltung ist die weitaus bedeutendste Emissionsquelle. Für 43 % der Ammoniakemissionen in Deutschland ist die Rinderhaltung verantwortlich. Rund 30 % davon fallen im Stall an, während 70 % durch die Lagerung und Ausbringung von Wirtschaftsdünger freigesetzt werden.

Um die Emissionen im Stall zu reduzieren, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Sie erstrecken sich zum Beispiel von einer bedarfsgerechten Fütterung, über eine Reduzierung der verschmutzten Flächenanteile durch Strukturierung der Funktionsbereiche, eine emissionsmindernde Ausführung der Laufflächen, bei denen der Harn schnell vom Kot getrennt wird, bis hin zu einer häufigen und effektiven Reinigung der verschmutzten Flächen.

Emissionsarme Stallgestaltung

Die meisten dieser Maßnahmen liefern synergetisch zur Emissionsminderung auch Vorteile bezüglich Tiergerechtheit und Tiergesundheit. Dazu gehört die Strukturierung des Haltungssystems durch erhöhte Fressstände im Stall oder ebensolche Fressstände sowie Liegeboxen im Laufhof. Auch saubere Laufflächen reduzieren nicht nur die Ammoniakemissionen, sondern senken außerdem den Infektionsdruck auf die Klauen und auf das Euter. Der Emissions-Minderungseffekt dieser Maßnahmen ist zum Teil noch nicht abgesichert (Tabelle). Diese Zusammenhänge lassen Ansätze erkennen, wie der Zielkonflikt zwischen Tierwohl und Emissionsminderung aufgelöst werden könnte.
Während eine bessere Strukturierung der Aufenthaltsbereiche der Tiere grundsätzlich beide Ziele unterstützt, können entsprechend ausgeführte Laufflächen das zusätzliche Emissionspotenzial von Laufhöfen, die ein Mehr an Tierwohl bedeuten, kompensieren. Modellrechnungen konnten darstellen, dass in einem Liegeboxenlaufstall mit erhöhten Fressständen und emissionsmindernden Laufflächen die Ammoniakemissionen gegenüber einem konventionellen Stall um 32 % sinken können.

Bei Ausführung des Stalles mit einem strukturierten Laufhof sinkt dieser Effekt auf – 10 %, während mit einem herkömmlichen Laufhof die Emissionen des konventionellen Stalles um 30 % steigen würden. Durch permanent abnehmende Rinderbestände sinken die Emissionen klimaschädlicher Gase durch die Rinderhaltung in Deutschland bereits seit langem. Die Steigerung der Milchleistungen führt außerdem zu geringeren Methanemissionen je erzeugtem kg Milch. Bei Betrachtung der Produktionsweise von Milch ist Weidehaltung grundsätzlich klimafreundlich.
Das gilt umso mehr, je höherwertiger das Weidefutter ist und je besser die Eiweißversorgung über das Weidefutter gelingt. Die Wirkung der Maßnahmen zur Reduzierung der Ammoniakemissionen bei Stallhaltung sind teilweise erheblich, jedoch noch nicht verifiziert. Es gibt inzwischen konkrete Ansätze für Lösungen zur Vereinbarung von Tierwohl und Klimaschutz bzw. Emissionsminderung.

Uwe Eilers,
LAZBW, Aulendor

 

 

Emissionsmindernde Ausführungen von Laufflächen im Stall sorgen durch Gefälle oder/und Rillen für eine schnelle Trennung von Kot und Harn. Fotos: LAZBW

 

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