Die Parasiten im Blick

9. September 2020

Während der Weidehaltung sind die Tiere stets Parasiten ausgesetzt. Für ein optimales Parasitenmanagement ist es wichtig, die Eigenheiten der wichtigsten Weideparasiten zu kennen.

Weidende Rinder nehmen die infektiösen Leberegellarven mit dem Gras auf.

Magen-Darm-Würmer (MDW):
MDW kommen in allen Betrieben mit Weidehaltung vor. Kälber und Jungrinder in der ersten Weidesaison sind am stärksten gefährdet. Mit zunehmendem Alter der Rinder nimmt die Immunität zu, sodass die Befallsstärke und das Risiko klinisch zu erkranken immer geringer werden. Die Tiere nehmen nach Austrieb im Frühjahr die überwinterten infektiösen Larven auf. Innerhalb von etwa drei Wochen entwickeln sich diese zu erwachsenen Würmern, die ihrerseits wieder Eier produzieren, die mit dem Kot ausgeschieden werden.
Im Kuhfladen entwickeln sich je nach Temperatur innerhalb von einer bis drei Wochen aus den Eiern infektiöse Larven. Wird nichts unternommen, schaukelt sich die Kontamination der Weide immer weiter auf, sodass es ab etwa zwei Monaten nach Austrieb zu klinischen Erkrankungen kommen kann. Diese gehen einher mit Durchfall und Konditionsverlust. Aber auch bei nicht offensichtlich erkrankten Rindern kann es zu Leistungseinbußen kommen. Bei zweitsömmrigen Rindern und Kühen kommt es bei starkem Befall unter Umständen zu Leistungseinbußen ohne klinische Erkrankung. Resistenzen von Parasiten gegen Entwurmungsmittel werden weltweit in der Rinder- und Schafhaltung zunehmend zum Problem. Die Maßgabe für die Parasitenkontrolle in der Weidehaltung sollte daher sein, dass Entwurmungsmittel so sparsam wie möglich eingesetzt werden.

Der bessere Weg

Bezogen auf das Management der MDW bedeutet dies, dass Parasiten-Monitoring anhand von Sammelkotproben und bedarfsgerechte Entwurmung der beste Weg sind. Erstsömmrige Rinder sollten auf möglichst unbelastete Weiden aufgetrieben werden. Ist dies der Fall, empfiehlt sich eine erste Beprobung nach etwa acht Wochen.
Für das Monitoring werden frische Kotproben von zehn bis 15 Tieren genommen und möglichst rasch (nicht länger als 48 Stunden) ins Untersuchungslabor geschickt. Anhand der durchschnittlichen Anzahl der Wurmeier pro Gramm Kot (EPG) kann der Befall der Gruppe abgeschätzt werden. Ab einer EPG von mehr als 100 sollte behandelt werden. In der ökologischen Landwirtschaft ist der prophylaktische Einsatz von Wurmmittel prinzipiell nicht möglich, sodass das Monitoring eine Möglichkeit darstellt, eine Behandlung zu begründen.

Leberegel: Weidende Rinder nehmen die infektiösen Leberegellarven mit dem Gras auf. Im Dünndarm durchbohren die Larven die Darmwand, durchwandern das Bauchfell und bohren sich in die Leber. Die Jungegel fressen sich sechs bis acht Wochen durch das Lebergewebe, bis sie die Gallengänge besiedeln und sich dort zu erwachsenen Leberegeln entwickeln. Von Aufnahme der Larvenzysten bis zum Beginn der Eiablage vergehen zehn bis zwölf Wochen. Die Entwicklung vom Ei bis zur nächsten Generation infektiöser Larven außerhalb des Rindes dauert dann fünf bis sieben Wochen.

Zwischenwirt nötig

Der Große Leberegel benötigt für seine Entwicklung neben dem Rind einen Zwischenwirt, die sog. Zwergschlammschnecke. Diese Schnecke lebt an langsam fließenden Gewässern und anderen Feuchtstellen. Daher spielen bei der Bekämpfung des großen Leberegels vor allem weidehygienische Maßnahmen eine entscheidende Rolle. Soweit möglich, sollten Feuchtstellen großzügig ausgezäunt, bzw. Weiden, die derartige Stellen enthalten nur für Silagegewinnung genutzt werden. Auch eine Silierung des ersten Schnitts im Frühjahr hilft die Kontamination zu vermindern. Viehtränken sollten so angelegt und befestigt sein, dass sie keine schlammigen Feuchtflächen bilden.
Eine sichere Diagnose kann durch den Schlachtbefund der Leber gestellt werden. Bei Verdacht auf ein Leberegel-Bestandsproblem kann eine Tankmilchuntersuchung relativ sicher zwischen nicht betroffenen und betroffenen Beständen unterscheiden. Im positiven Fall können einzelne Tiergruppen über Kotproben untersucht werden. Die Eiausscheidung ist im Herbst/Winter am stärksten. Allerdings werden die Eier nicht kontinuierlich ausgeschieden, sodass mindestens fünf Tiere einer Gruppe getestet werden sollten. Ein positiver Befund ist dabei beweisend für die Infektion der ganzen Gruppe.
Um im Frühjahr eine Kontamination von gefährdeten Weiden zu vermeiden, kann eine strategische Entlastungsbehandlung im Winter durchgeführt werden. Dies kann zu Beginn der Stallperiode erfolgen, falls Präparate verwendet werden, die alle Altersstufen des Leberegels abtöten. Derartige Präparate können momentan allerdings nur bei Jungrindern, Kalbinnen bis sechs Wochen vor dem Abkalben und Milchkühen am Beginn der Trockenstehzeit eingesetzt werden. Präparate, die nur erwachsene Leberegel abtöten, sollten gegen Ende der Stallhaltung angewandt werden.

Lungenwürmer (LW): Lungenwürmer werden bei uns seltener nachgewiesen. Im Gegensatz zu infektiösen MDW Larven überwintern LW Larven in unserem Klima in aller Regel nicht in großen Zahlen auf der Weide, sondern in älteren Jungrindern und Kühen.
Auch sterben die Larven im Sommer auf der Weide bereits nach ca. zwei Wochen ab. Das heißt Kälber infizieren sich, wenn sie Weiden kurz nach älteren Rindern beweiden. Beim Lungenwurm entwickelt sich die nächste Generation innerhalb von ca. vier Wochen bereits im Wirt zur ersten Larve. Nach Weiterentwicklung innerhalb von etwa einer Woche, werden die infektiösen Larven mithilfe eines Pilzes sehr effektiv über die Weide verteilt.

Symptome beachten

Der Verdacht auf eine Lungenwurmerkrankung ergibt sich aus den typischen Krankheitserscheinungen (von leichtem Husten bis zu schwerer Atemnot) in der Regel in der zweiten Hälfte der Weideperiode. Die Diagnose kann durch Kotuntersuchungen gesichert werden. Die meisten Entwurmungsmittel, die gegen MDW eingesetzt werden, wirken auch gegen Lungenwürmer. Treten erste klinische Erscheinungen in einer Gruppe auf, sollte rasch behandelt werden, da schwerer Lungenwurmbefall auch den Weg zu schweren Lungenentzündungen ebnen kann.
Bei zweitsömmrigen Rindern und Kühen können Lungenwürmer klinische Erscheinungen auslösen, wenn diese in der vorhergehenden Weideperiode keine Gelegenheit hatten, eine Immunität aufzubauen, oder wenn eine bestehende Immunität durch massive Reinfektion überwunden wird.

Dr. Ingrid Lorenz
Tiergesundheitsdienst Bayern e.V.

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