Hof

Ohne Strom geht nichts

9. März 2022

Jeder weiß, dass er auf Strom angewiesen ist. Trotzdem lässt man es darauf ankommen. Denn in der Regel ist er ja in Kürze wieder da, aber nicht immer. Notstrom dank Zapfwellen-Generator kann da helfen.

Der 63-kVA-Zapfwellengenerator der italienischen Firma »Fourgroup« lässt sich am Dreipunkt transportieren und findet Platz auf einer Palette.

Wer heutzutage Kühe melkt, braucht Strom, erst recht, wenn er wie Adrian Sager mit einem Melkroboter arbeitet. »Das Schweizer Stromnetz ist nicht so sicher, wie man denkt«, sagt der Landwirt vom Tobelackerhof bei Frauenfeld in der Schweiz. Sein Zapfwellen-Generator hat ihm schon über manchen Stromausfall hinweggeholfen.

Nicht immer geht es glimpflich ab

In der Regel sind es kurze Stromausfälle aufgrund von Blitzschlag, die meistens nicht länger als eine Stunde dauern. Doch es könnte auch zu längeren Stromausfällen kommen, ließ sich Sager von einem Mitarbeiter des Zivilschutz-Krisenstabes sagen; nämlich dann, wenn das europäische Stromnetz überlastet ist und der Strom einer ganzen Region abgeschaltet werden muss. Das ist in der Schweiz noch nicht vorgekommen, aber es hätte schon nicht mehr viel gefehlt. Vor allem haben dem Landwirt die Erfahrungen von Berufskollegen in Norddeutschland zu denken gegeben. Dort fielen im Winter 2017 wegen Eisregens Strommasten um, die Stromversorgung fiel gebietsweise über Wochen aus. Auf manchen Höfen wussten sich die Bauern nicht mehr zu helfen.

Leistungsbedarf abklären

Sager melkt seit 2013 mit einem Melkroboter. Für ihn steht fest, dass so ein Unglück bei ihm nicht passieren darf. Zwar gibt es bei der Zivilschutzanlage Notstromanlagen, aber die werden im Notfall zuerst für Krankenhäuser und für andere wichtige Stromversorgungen gebraucht. »Eine eigene Solaranlage nützt da auch nichts«, hält der Landwirt fest. Denn meistens kommt es in der Nacht zu Stromausfällen. Er ließ sich deswegen vom örtlichen Elektriker einen zapfwellengetriebenen Stromgenerator offerieren.  Dazu stellten die beiden zusammen eine Liste mit allen elektrischen Anlagen auf, angefangen vom Melkroboter, über die Milchkühlung, die Schieberentmistung bis zur Silofräse, und kamen auf einen erforderlichen Gesamtleistungsbedarf von rund 43 kW. Für die Anlagen, die im Dauerbetrieb arbeiten, genügen 26 kW. Würde er allerdings die Leistung des Generators danach ausrichten, ließen sich keine weiteren Geräte dazu schalten. Ein 50-kW-Generator müsste genügen, um auch die elektrischen Geräte im Haushalt mit Strom zu versorgen, empfahl der Elektriker. Sager entschloss sich sogar für einen 60-kW-Generator, um auf der sicheren Seite zu sein und um über eine Reserve für spätere Investitionen zu verfügen. Der Preisunterschied zwischen einem 50- und 60- kW-Generator war außerdem gering. Zum Antrieb eines 60-kW-Generators braucht es einen Traktor mit mindestens 70 PS, hat der Elektroinstallateur berechnet. Auf dem Betrieb sind ein Traktor mit 130 PS und einer mit 90 PS vorhanden.

Jeder Handgriff muss sitzen

Sager ist jemand, der nichts dem Zufall überlässt. Zwei Mal im Jahr übt er zusammen mit seinem Lehrling das Vorgehen bei einem Stromausfall. »Das machen wir generalstabsmäßig«, schmunzelt der Meisterlandwirt. »Jeder Handgriff muss sitzen.« Innerhalb von 15 Minuten ist der Generator zur Stelle, an der Traktoren-Zapfwelle angehängt und an das Notstromkabel angeschlossen. Der überdachte Platz vor dem alten Milchzimmer mit dem Netzstromschalter ist ideal zum Aufstellen des Notstromaggregats, denn zu einem Stromausfall kommt es meistens bei Gewitter und kräftigem Regen. Der Netzstromschalter ist zum Schutz vor falscher Handhabung mit einem Schloss gesichert. Sager öffnet es und bringt den Schalter auf Nullstellung. Das Lämpchen »Netzspannung vorhanden« erlischt. Dann setzt er die Zapfwelle des Traktors in Betrieb und fährt den Generator auf Touren. Jetzt den Schalter in Stellung »Notstrombetrieb«. Das Lämpchen »Notspannung« leuchtet auf.  Netz- und Notstrom müssen immer völlig voneinander getrennt sein. Es könnte fatale Folgen haben, würde Notstrom ins Netz gelangen. Auf einem in Folie eingeschweißten Blatt ist die Anleitung geschrieben, damit auch eine Vertretung weiß, wie im Notfall vorzugehen ist.

Verbraucher nacheinander zuschalten

Sager lässt die Zapfwelle mit 750 Umdrehungen/Min. laufen und den Motor eher auf tieferen Touren mit 1.300 – 1.400 Umdrehungen/Min. So läuft der Motor ruhiger; Dieselverbrauch und Kraftübertragung werden optimiert. Wenn das Notstromaggregat arbeitet, muss immer jemand in der Nähe sein, betont Sager. Da die Frequenz des Generators bei 50-51 Hertz liegen muss, ist gelegentliches Nachjustieren der Traktorleistung erforderlich. Darauf ist vor allem dann zu achten, wenn neue Verbraucher zugeschaltet werden. Nicht alle auf einmal, sondern nacheinander zuschalten. Eine Stunde lang lässt der Landwirt den Generator bei einer Übung laufen. So entweicht Feuchtigkeit aus dem Gerät, die eventuell bei der Lagerung eingedrungen ist. Der Landwirt muss keine Sorge haben, dass er bei einer Übung Daten des Melkroboters verliert, denn dieser speichert diese automatisch.

Aufs richtige Pferd gesetzt

»Warum hast Du Licht gehabt?«, habe ihn ein Nachbar gefragt, nachdem es in der Nacht im Dorf zu einem vierstündigen Stromausfall gekommen war, erzählt der Landwirt. Wie erwähnt ist auch das Wohnhaus am Notstromaggregat angeschlossen. Auch konnte er schon öfters mit seinem Zapfwellen-Generator aushelfen, z.B. für den Betrieb elektrischer Anlagen bei Festanlässen im Freien. Mit dem mobilen Aggregat lassen sich auch Feldbewässerungen betreiben. Der Generator hat den Landwirt etwa 7.300 EUR gekostet, hinzu kamen etwa 2.700 EUR für den fachgerechten, elektrischen Anschluss, also total 10.000 EUR. Das ist dem Landwirt die Sicherheit für Mensch und Tier wert. »Lieber verzichte ich auf etwas anderes.« Seine 70 Braunvieh- und Holstein-Milchkühe mit einer durchschnittlichen Milchleistung von rund 10.000 kg werden auch einen länger dauernden Stromausfall schadlos überstehen.

Den passenden  Generator wählen

Zapfwellen-Generatoren sollten immer danach ausgewählt werden, wofür sie verwendet werden, sagt Niklaus Bucher von der Firma »Aebi Suisse«. Generatoren, die den Strom für Melkroboter, Ventilatoren oder Fütterungsanlagen produzieren, müssen konstant und zuverlässig arbeiten. Sie benötigen eine bessere Qualität als Generatoren, die gerade einmal eine Tauchschneidpumpe oder einen Winkelschleifer betreiben müssen. Der Generator auf dem Betrieb Sager erbringt eine Leistung von 63 kVA. Mit 1.500 Umdrehungen/Min. ist er ein »Langsamläufer« mit dem Vorteil, dass es wenig Verschleiß gibt und er langlebig ist. Dank einer automatischen Voltregulierung sorgt er für eine stabile Spannung ähnlich wie das öffentliche Stromnetz. Das verhindert Über- und Unterspannungen, die zu Beschädigungen oder Kurzschlüssen der angeschlossenen Geräte führen können. Das A&O bei der Verwendung eines Zapfwellen-Generators ist die regelmäßige Inbetriebnahme. Mindestens einmal pro Jahr, um Standschäden zu vermeiden, aber auch dafür, um im Notfall richtig damit umzugehen.

Dieselaggregate haben den Vorteil, dass sie Antriebsmotor und Stromgenerator elektronisch aufeinander abstimmen, erklärt Bucher. Sie halten so die Frequenz konstant bei 50 Hz. Sie sind allerdings je nach Schalldämpfung drei -bis viermal so teuer wie Zapfwellen-Generatoren, außerdem sind sie wartungsintensiv und benötigen viel Platz. Moderne Traktoren regeln die Drehzahl der Zapfwelle und damit die Frequenz der Zapfwellen-Generatoren genügend gut, sofern man beim Zuschalten von starken Verbrauchern den Antrieb anpasst.

Solarstrom als Notstrom?

Photovoltaikanlagen und ihre Rentabilität hängen sehr stark mit dem Stromverbrauch eines Betriebs zusammen. Je höher der Eigenverbrauch, desto höher die Rentabilität, hält Sepp Dietsche, Photovoltaikberater bei »Swiss Photovoltaik«, fest. Bei landwirtschaftlichen Betrieben liege die Amortisationszeit fast immer unter zehn Jahren. Da die Photovoltaikanlage aber nur dann Strom liefert, wenn die Sonne scheint, eignet sie sich nicht als Überbrückung eines Netzstromausfalles, der meistens in der Nacht geschieht. Eine Speicherung von Energie mittels leistungsstarker Akkumulatoren ist wegen der hohen Anschaffungskosten solcher Akkus zurzeit nicht rentabel.

Dr. Ing. Agr. Michael Götz

Der Frequenzrichter muss kontrolliert und bei Bedarf nachjustiert werden. Fotos: Michael Götz

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